Mental fit: So verbessern Sie Ihr Gedächtnis

Sie stehen im Supermarkt und wissen nicht mehr, was Sie kaufen wollten? Sie treffen unerwartet einen wichtigen Kunden und können sich nicht mehr an seinen Namen erinnern? Gedächtnisweltmeister und Neurowissenschaftler Boris Nikolai Konrad weiß, warum ein gutes Gedächtnis auch im Zeitalter von Smartphone und Internet wichtig ist. Hier verrät er, mit welchen Tricks Sie sich ab sofort Namen, Telefonnummern und Einkaufslisten merken können.

Wie war nochmal der Name? Was wollte ich einkaufen? (Foto: Thinkstock)
Wie war nochmal der Name? Was wollte ich einkaufen? (Foto: Thinkstock)

Wissen nimmt rapide ab
Schon bei jungen Leuten macht sich ein unzureichend genutztes Gedächtnis negativ bemerkbar: Studien zeigen, dass Schüler heute über viel weniger Faktenwissen verfügen als noch vor 20 Jahren. Natürlich kann man sich dieses Wissen heute schnell und unkompliziert mit zwei, drei Klicks aus dem Internet holen. Das Problem dabei: „Die nachgeschlagenen Fakten, die Sie nur kurz quer lesen, können Sie sich viel schlechter merken als Sachverhalte, mit denen Sie sich wirklich beschäftigt haben“, erklärt Boris Nikolai Konrad, Neurowissenschaftler und letztjähriger Gewinner der TV-Show „Deutschlands Superhirn“. „Durch dieses Lernverhalten werden im Gehirn immer weniger Fakten abgespeichert, an die neue Informationen andocken können. Dadurch nimmt das Wissen insgesamt ab.“

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Aktives Gedächtnis schützt vor Demenz
Im besten Fall halten Sie sich bis ins hohe Alter fit. Dadurch verhindern Sie nicht nur, dass Ihr Gehirn beim Abspeichern neuer Informationen immer langsamer wird, Sie vermindern gleichzeitig das Risiko, an Demenz zu erkranken. Die gute Nachricht: „Jeder kann seine Gedächtnisleistung durch regelmäßiges Training erheblich verbessern. Ein besonderes Talent ist dafür nicht nötig“, sagt Konrad, der seit Jahren zu den Themen Gehirn und Gedächtnisleistungen forscht und jetzt ein Buch über seine Erkenntnisse herausgebracht hat („Superhirn - Gedächtnistraining mit einem Weltmeister“, Goldegg-Verlag, 19,95 Euro).

Gedächtnisleistung erhöhen: So funktioniert´s
Unser Gehirn ist evolutionsbedingt sehr gut darin, sich Bilder zu merken. „Über die Augen wurden seit jeher Informationen im Gehirn abgespeichert. Erst sehr viel später kam die geschriebene Sprache dazu“, erklärt der Gedächtnistrainer aus München. „Das ist der Grund, weshalb wir uns sprachliche Informationen viel schlechter merken können als Bilder.“ Der Trick, um sich Alltägliches dauerhaft zu merken, ist deshalb ganz einfach: „Sie können die Informationen, die Sie sich merken möchten, in Bilder umwandeln. Wenn Sie sich dann das jeweilige Bild deutlich vorstellen, gelingt es Ihnen auch, die gewünschte Information mit diesem Bild zu verknüpfen, abzuspeichern und bei nächster Gelegenheit wieder abzurufen“, sagt der mehrfache Weltrekordhalter im Merken von Namen, Gesichtern und Geburtsdaten.

Tipps von Gedächtnis-Weltmeister Boris Nikolai Konrad

Namen merken
Wenn Sie sich einen Namen merken möchten, müssen Sie für den Namen ein Bild finden. Beim Namenmerken können Sie sich z.B. einen Prominenten oder einen guten Bekannten mit demselben Vor- oder Nachnamen vorstellen oder Sie arbeiten mit dem Klang des Namens.

Beispiele:

Matthias Huber: Bei „Matthias“ können Sie an Schauspieler Matthias Schweighöfer denken, bei „Huber“ an das Wort „heben“. Wenn Sie jetzt „Matthias Huber“ ansehen, sehen Sie einen verschmitzt grinsenden Matthias Schweighöfer, der etwas hochhebt.

Jonas Scholz: Im Namen „Jonas“ klingt das Wort „nass“, bei „Scholz“ denken Sie vielleicht an eine „(Eis-)Scholle“. Wenn Sie sich jetzt „Jonas Scholz“ ansehen, sehen Sie ihn, wie er nass und frierend auf einer Eisscholle sitzt und schon haben Sie den Namen abgespeichert.

Katharina Swoboda: Bei „Katharina“ können Sie an Eiskunststar Katharina Witt denken, „Swoboda“ klingt mit etwas Fantasie wie „Zwo Boot da“. Ihr Bild ist also Katharina Witt, die mit zwei Booten da ist.

„Je absurder die Bilder, umso besser funktioniert es“, weiß der Gedächtnisweltmeister.

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Einkaufslisten merken
Auch Ihre Einkaufsliste sollten Sie sich bildhaft vorstellen. Nehmen wir an Sie wollen Brot, Butter, Käse, Tomaten, Zucker, Salamipizza und Schokolade kaufen. „Legen Sie sich das erste Lebensmittel, das Sie kaufen wollen, bildlich gesehen vor die Supermarkttür“, rät Boris Nikolai Konrad. „Jetzt müssen Sie sich nur noch eine Geschichte zu den Lebensmitteln überlegen. Die Lebensmittel dürfen dabei auch lebendig werden.“

Das könnte Ihre Geschichte sein: Sie gehen zum Supermarkt und dort an der Tür liegt (als Vorstellung in Ihrem Kopf) ein riesig großes Brot. Sie klettern auf das Brot und streichen ganz dick Butter darauf, dann belegen Sie es mit Käse und auf den Käse packen Sie Tomatenscheiben. Weil Ihnen das aber zu herzhaft ist, streuen Sie noch ein wenig Zucker darüber. Vom Zucker rutschen sie herunter auf eine Salamipizza, die neben der Salami auch noch mit Schokolade belegt ist.

Damit das funktioniert, müssen Sie sich alle Handlungen und Gefühle konkret vorstellen.

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Telefonnummern merken
Um sich Telefonnummern zu merken, müssen Sie etwas Vorarbeit leisten. Verbinden Sie die Zahlen 0 bis 9 mit einem einfachen Begriff, der ähnlich aussieht oder inhaltlich an die Zahl erinnert und lernen Sie Begriffe und Zahlen auswendig. Die Zahlenliste könnte so aussehen: 0 = Reifen, 1 = Kerze, 2 = Schwan, 3 = Dreizack, 4 = Auto, 5 = Hand, 6 = Würfel, 7 = Zwerg, 8 = Schneemann, 9 = Blume.

Die fiktive Telefonnummer, die Sie sich merken sollen, lautet: 0986/ 532117

Ihre Geschichte, die Sie mit Hilfe der Zahlenliste abspeichern können, lautet: Ein Reifen (0) rollt über eine Blume (9), hinter der ein Schneemann (8) steht, der mit Würfeln (6) wirft. Sie fangen einen mit der Hand (5) und zücken einen Dreizack (3), um sich zu wehren. Da kommt ein grimmig guckender Schwan (2) dazu, der zwei Kerzen (1 1) auf der Stirn trägt und auf dessen Rücken ein Zwerg (7) reitet.

Verrückte Geschichte! Aber Ihr Gedächtnis wird sich auch noch nach Wochen eher an diese Story als an die bloße Zahlenkombination erinnern. Alles, was Sie jetzt noch tun müssen, ist die Begriffe wieder in die entsprechenden Ziffern zu übersetzen.

„Trainieren Sie Ihr Gedächtnis regelmäßig ebenso wie die Muskeln Ihres Körpers, dann werden Sie bis ins hohe Alter nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit bleiben“, rät Neurowissenschaftler Boris Nikolai Konrad.