Warth-Schröcken: Perfekte Ergänzung am Arlberg

Der Auenfeldjet verbindet, was eigentlich schon lange zusammengehörte. Mehr als 40 Jahren war das Projekt in Diskussion. Nun ist die Zehner-Gondel im zweiten Winter ein beliebtes Transportmittel für den Pendelverkehr von Skibegeisterten zwischen Warth-Schröcken und Lech. In wenigen Minuten überquert sie das bisherige Niemandsland und ist schon jetzt ein Segen für alle Beteiligten. "Früher sind wir mit der Pistenraupe zu Verhandlungen nach Lech gefahren," erinnert sich Thomas Übelher, Prokurist bei den Skiliften Warth. "Und entgegen aller Einwände und Befürchtungen, die den Bau so lange verhinderten, profitieren heute alle davon."

Alle, das sind in erster Linie die Wintersportler, die sich nun auf insgesamt 340 Pistenkilometern austoben können. Das sind 60 Kilometer mehr für die Neugierigen aus Lech, oder 280 Kilometer für die Brettlfreunde von der anderen Seite. Wobei sich die wahren Profiteure außerhalb der Pisten bewegen. Denn die Nordhänge von Warth und Schröcken sind pulvrige Gourmetstücke für Freerider, weshalb der Auerfeld-Jet an Neuschneetagen für ganze Heerscharen von Powderfreaks frühmorgens nur in eine Richtung düst.

Steffisalp, Warther Horn, Jägeralp oder Salober sind die bevorzugten Reviere ihrer Begierde. Dazu muss man wissen, dass der Begriff des Schneeloches hier ein Fremdwort sein muss, denn die Statistik lügt nicht: Die Region ist mit durchschnittlich elf Metern Neuschnee pro Jahr das schneereichste Gebiet Europas. Meteorologen erklären das mit der "Nord-West-Staulage" zwischen dem Bregenzerwald, den Lechtaler und Allgäuer Alpen sowie dem Arlberggebiet. Das ist der natürliche Vorteil von Warth und Schröcken. Ein anderer ist die Philosophie der Menschen, die dort leben. Der Anschluss an die glamourösen Nachbarn wird an ihr nichts ändern. "St. Anton steht für Partys, Zürs für sportliches Skifahren, Lech ist der Nobelort," kategorisiert Thomas Übelher. "Wir sind und bleiben zwei Urlaubsorte für die ganze Familie. Das wird auch so bleiben."

Freerider und Familien wollen nur eines: Skifahren

Im Schatten der Glitzerwelt in der Nachbarschaft lässt sich wunderbar leben. Weshalb es beispielsweise weder in Warth, noch in Schröcken ein Fünf-Sterne-Hotel gibt. Dafür eine Reihe von Häusern der Kategorie mit vier Sternen, bei denen man in Sachen Komfort und Küche nichts vermisst lassen - schon gar nicht die Preise, die einen Skiurlaub an weiten Teilen des Arlbergs für viele unbezahlbar machen. Auch Aprés Ski und Hüttenzauber sind hier rar. Nach Warth und Schröcken kommen Skifahrer um des Skifahrens Willen.

Die junge Generation der Freerider, weil sie ihren Sport ausleben können. Und Familien, weil sie samt Kindern unbeschwerte Tage im Schnee genießen wollen. Dies alles bei Gastgebern, die bescheiden sind und - vor allem - heimatverbunden. Das gilt auch für die drei berühmtesten Bürger Warths: Wildtrud Drexel gewann bei den olympischen Spielen 1972 Bronze im Riesenslalom und betreibt noch heute eine Pension in ihrem Heimatdorf. Hubert Strolz, der 1988 bei den Spielen von Calagary Gold in der Kombination und Silber im Riesenslalom holte, ist Landwirt, Skilehrer und ebenfalls Besitzer eines Gästehauses. Und Alois Bickel, als Freeride-Profi auf der ganzen Welt unterwegs, sagt: "Warth ist absolut toll und hat mit Abstand das beste Skigebiet."

Nun ist es keineswegs so, dass Warth-Schröcken die Winter bisher im Dornröschenschlaf verbracht hätte. Im Gegenteil: Mit seinen 14 Liften und Bahnen ist das Skigebiet schon lange die Nummer Eins unter den Regionen Bregenzerwald, Großes Walsertal und Lechtal, für die es auch einen Drei-Täler-Skipass gibt. Der Auenfeldjet aber gibt einen neuen Schub, katapultiert zwei kleine Dörfer in die Skiwelt der großen Namen. Weshalb es sich durchaus lohnt, etwas mehr über die Nachbargemeinden zu erfahren, die durch den 1.670 Meter hohen Hochtannbergpass getrennt sind, aber seit vielen Jahren eine harmonische Interessensgemeinschaft bilden.

Warther Geschichten und Großbrand in Schröcken

Eine wunderbare Gelegenheit, Warth kennenzulernen, sind die "Warther Dorfgeschichten", eine Ausstellung in der ehemaligen Schule der 180-Seelen-Geminde, die mangels Nachwuchs vor ein paar Jahren geschlossen werden musste. Gebhardt Fritz, 63, zwischen 1992 und 2012 Bürgermeister, führt uns durch die Dokumentation eines harten, kargen Lebens seiner Ahnen, die Bergbauern waren. Wir lesen die Geschichte vom Lawinen-Franz-Josef, einem Postboten aus Warth, der vor fast 130 Jahren am Flexenpass 30 Stunden unter einer Lawine lag und wie wunderbarer Weise überlebte. Und natürlich ist Pfarrer Johann Müller gegenwärtig, der sich anno 1894 Skier aus Schweden bestellte und nach Anlaufschwierigkeiten zum ersten Skipionier wurde. Zitat: "Ich wartete bis Abends, um nicht gesehen und ausgelacht zu werden, und versuchte im großen Neuschnee des Pfarrwidums mein Glück. Doch - da lag ich schon im Schnee und so immer wieder bis Mitternacht". Weil der Gläubige aber nicht den Glauben an sich und seine Bretter verlor, machte er sich schon bald auf den Weg nach Lech. Auf seinen Spuren fahren heute geübte Nachahmer bei der "Pfarrer-Müller-Freeride-Tour" - für Gebhardt Fritz, der als Skilehrer arbeitet, "meine Lieblingstour".

Im Gasthof Tannberg zu Schröcken empfängt uns mit Herbert Schwarzmann der amtierende, von 225 Einwohner gewählte Bürgermeister. Bei sensationellem geräucherten Gamsschinken mit Preiselbeerschaum nach einem Geheimrezept von Küchenchefin Silke, der Tochter von Wirt Fritz Moosmann, erfahren wir von der größten Brandkatastophe anno 1863, als im Gasthof Ochsen ein Feuer ausbrach, das auch Gemeindehaus, Pfarrhaus und Kirche in Schutt und Asche legte. Aus dem "Ochsen" wurde dann der "Tannberg". Und aus Schröcken ein touristisches Kleinod mit heute 850 Betten, das große Pläne hat. "Im Gegensatz zu Warth mit seinen Hotels haben wir überwiegend Privatunterkünfte," erklärt Bürgermeister Schwarzmann. Deshalb sollen auch hier in naher Zukunft zwei Hotels entstehen, der Anschluss nach Lech hat sich auch in Schröcken bemerkbar gemacht. "Die Nachfrage zieht mehr und mehr an," stellt Schwarzmann zufrieden fest.

Die Fahrt mit dem Auto nach Lech dauert zwei Stunden

Es gibt noch jede Menge Geschichten, die sich über Warth-Schröcken erzählen ließen. Sie handeln von gepflegten Pisten aller Schwierigkeitsgrade, von Freeride-Kursen und Safety Camps für das Verhalten abseits der Piste, von Kinderschneewochen mit Skikurs und Liftfahrt gratis, von Schneeschuh-Wanderungen oder dem Ritt auf der Rodelbahn. Doch im Mittelpunkt dieser Geschichte stand das Rendezvous mit Warth-Schröcken und der Anschluss nach Lech. Dazu auch die letzte Frage: Was, wenn ein Skifahrer zu spät dran ist und der Auenfeldjet nicht mehr fährt? "Da der Pass von Lech nach Warth im Winter gesperrt ist, bleibt nur die Fahrt mit dem Taxi über Bregenz und den Arlbergpass," sagt der Schröckener Bürgermeister. Und gibt zu bedenken: "Die dauert aber gute zwei Stunden und ist teuer. In solchen Fällen werden wir sicher ein freies Bett finden." Typisch Schröcken, typisch Warth. Weitere Informationen: www.warth-schroecken.com