Teneriffa: 365 Tage ein Outdoor-Fitnessstudio

"Tenerife no limits" nennt sich eine Kampagne, die auf die zahlreichen Möglichkeiten für Aktivurlauber hinweist. Für die Insulaner ist Teneriffa ein Ganzjahres-Fitnessstudio unter freiem Himmel.

Der Airstrip auf dem Taucho in 800 Metern über dem Meer und dem kleinen Städtchen Ardeja ist karg, aber ein Logenplatz für die Sinne. Alex hat mich vor die Brust geschnallt. Gemeinsam rennen wir auf dem kargen Lehmboden bergab, vorbei an vereinzelten Kakteen und spärlichen Grashalmen. Keine fünfzig Meter später heben wir ab, der Sonne entgegen. Der Wind pfeift leise seine Melodie, unter uns breitet sich die Küste Teneriffas aus wie ein riesiges, buntes Badetuch. Aus der Ferne grüßt die kleine Nachbarinsel La Gomera, dahinter vermischt sich in der Endlosigkeit des Horizonts der stahlblaue Himmel mit den Wellen des Atlantiks. Es ist ein perfekter Tag für Paragliding, aufregend und entspannend zugleich. Über uns spannt sich der Bogen des roten, aufgeblähten Schirms, die warme Luft der Thermik streichelt die Wangen. In weiten Kreisen schrauben wir uns hinauf in den Himmel.

"Wir sind jetzt auf fast 1.400 Metern!" ruft mir Alex von hinten ins Ohr. "Jetzt gehen wir in den Sinkflug!" Mit der Leichtigkeit unseres Seins, nähern wir uns Höhenmeter um Höhenmeter dem Landeplatz, einem kleinen Sandstrand an der Costa Adeje. Wunderbar funktionieren die Beine als Fahrwerk, ein paar Trippelschritte noch zum Stand, dann tief durchatmen. Alex grinst: "Normalerweise dauert der Flug ungefähr 30 Minuten. Jetzt waren wir fast eine Stunde in der Luft. Aber solche idealen Bedingungen muss man einfach genießen." Teurer als die vereinbarten hundert Euro wird das Vergnügen dadurch nicht, obwohl der 48-jährige davon lebt, mit Besuchern abzuheben. Rund 40 Plätze gibt es dafür auf Teneriffa, Alex startet am liebsten vom Taucho oder unterhalb des Teide-Gipfels aus 2.200 Meter Höhe. Kostet 20 Euro mehr, die Leidenschaft des Chefs ist gratis. Vor fünf Jahren hat Alex sein Hobby zum Beruf gemacht, das Motto seiner Paragliding-Schule ist auf dem Lack seines Mercedes-Van verewigt: "Wenn du das Fliegen einmal erlebt hast, wirst du für immer auf Erden wandeln, mit deinen Augen himmelwärts gerichtet". Es ist das berühmte Zitat von Leonardo da Vinci.

Kajakausflug mit Delfinbegleitung

Im Südwesten von Teneriffa, nahe des liebenswerten Örtchens Santiago del Teide, gilt die ganze Aufmerksamkeit einem Delfin, der sich einer Gruppe von Kajakfahrern angeschlossen hat. Kajaking ist eine große Nummer auf der Insel, und die Beliebtheit der Paddelei, die in bequem breiten Bötchen ausgeübt wird, hat vor allem mit den faszinierenden Naturschauspielen zu tun. Die spektakulärste Location für eine Kajaktour ist die Steilküste von Los Gigantos. Wer dort auf dem Wasser unterwegs ist, kann angesichts der gigantischen Felsformationen, die sich bis zu einer Höhe von 600 Metern auftürmen, leicht in Demut verfallen. Und sich bewusst werden, wie klein und vergänglich wir sind. Über den Sinn des Lebens zu philosophieren, ist freilich nicht Sinn dieses großen Spaßes. Stattdessen stechen die Paddel ruhig und ohne Hektik in die Fluten. Nach Belieben wird die Fahrt zum Baden oder Schnorcheln unterbrochen, das Wasser ist erfrischend kühl und so klar, dass es bis zu 30, 40 Meter tief blicken lässt. Begegnungen mit Meeresbewohnern eingeschlossen, weshalb die Paddelgemeinde vor allem kommt. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, mit Delfinen oder großen Meeresschildkröten zu schwimmen, fast garantiert. Wie jetzt, als Flipper offensichtlich große Lust hat, mit uns zu spielen. Neugierig streckt er den Kopf aus dem Wasser, nähert sich ausgestreckten Händen, taucht ab und wieder auf, schwimmt voraus und verfolgt uns. Man mag zu der Faszination, die diese Meeressäuger auf viele Menschen haben, stehen wie man mag. In Momenten wie diesen berühren sie die Seele.

Natürlich war die Begegnung mit dem Delfin beim Picknick in einer Minibucht mit schwarzem Strand das große Thema. Die Ausflügler waren geradezu euphorisiert, einer fragte: "Sehen wir auch noch Wale?" Tourguide Sergio deutete lächelnd aufs offene Meer: "Wenn du vier, fünf Kilometer rauspaddelst, kannst du Glück haben. Wir sehen uns dann morgen zum Frühstück!" Großes Gelächter, realer Hintergrund. Teneriffa ist einer der wenigen Plätze auf der Welt, die für das Whale Watching berühmt sind. Grund genug, wiederzukommen. Zu einer neuen Entdeckungstour mit dem Kajak.

Mondlandschaft im Teide-Nationalpark

Neue Entdeckungen warten am nächsten Tag auf einer Wanderroute rund um die Roques de Garcia im Teide Nationalpark. Das ist eine Ansammlung von bizarren Gesteinsgruppen, denen der Volksmund fantasiereiche Namen gegeben hat. Sie heißen "Schuh der Königin", "Die Kathedrale", "Finger Gottes", "Berliner Bär" oder "Gefallener Engel", und tatsächlich muss man keine zweimal hinsehen, um verblüffende Ähnlichkeiten zu erkennen. Diesen Teil des Weltkulturerbes sollte man genauso gesehen haben wie die Minas de San José. Diese einmalige Mondlandschaft war nicht nur Location für so manchen Hollywood-Dreh (z.B. 2009 "Kampf der Titanen" mit Sam Worthington, Liam Neeson und Ralph Fiennes), sondern auch ideales Testgelände für die Mond- und Marsroboter der NASA. Bei bis zu vier Millionen Parkbesuchern im Jahr, deren Hauptziel der Vulkan Teide ist - bekanntlich mit 3.718 Metern höchster Berg Spaniens - kann man natürlich nicht mehr von einem Insider-Tipp sprechen. Von einer positiven Reiswarnung aber schon: Wer auf Teneriffa urlaubt und den Teide samt Umgebung nicht gesehen hat, hat die Kanareninsel nicht wirklich erlebt. Und wer einen Tourguide mit Lexikonwissen wie Pedro an seiner Seite dabei hat, kann sich den Reiseführer getrost sparen. Außerdem wollte Pedro mir noch unbedingt ein anderes seiner Lieblingsgebiete zeigen, den Bosque de la Mercedes. Dieser üppig grüne Lorbeerwald im Nordosten der Insel ist der krasse Gegensatz zum kargen Süden, und Wanderer mögen ihn wegen der grünen Tunnel, bei denen das dichte Blätterwerk der Bäume oft die Sicht auf den Himmel verdeckt, sowie wegen der mystischen Atmosphäre, wenn der Nebel zwischen den Stämmen wabert.

Gepflegte Fairways und Greens für Golfer

Dritter und letzter Actionday auf Teneriffa: Acht Golfplätze gibt es auf Teneriffa, fünf davon im Süden. Weil man auf der Insel das ganze Jahr über bei sommerlichen Temperaturen spielen kann, fliegen vor allem im Winter immer mehr Golfer dorthin. Die gepflegten Fairways und Grüns sowie moderate Greenfees sind weitere gute Argumente, dies zu tun. Einer der schönsten Anlagen ist Golf Costa Adeje, ein Platz mit Meerblick in unmittelbarer Küstennähe. "Nehmen Sie ein paar Bälle mehr mit", empfahl der freundliche Mensch bei Übergabe der Leihschläger und des Golfcarts. Ein guter Rat, denn leicht zu spielen ist der Kurs nicht. Und so entschwand so manche Kugel auf Nimmerwiedersehen in kleinen Schluchten, dichten Sträuchern oder zwischen unbegehbaren Ansammlungen von Kakteen. Die Tatsache, an diesem Tag wenig gelungene Schläge notieren zu müssen, ist natürlich mit dem geliehenen Werkzeug zu entschuldigen (Golfer finden immer eine Ausrede!). Positiv zu erwähnen ist, dass keine bleibenden Flurschäden zu verzeichnen waren. Und nicht nur deshalb hielt sich der Ärger in sehr engen Grenzen. Schließlich ist morgen ein anderer Tag, an dem es noch viel anderes zu tun gibt. Mehr als 20 andere Aktivposten machen aus Teneriffa "365 Tage im Jahr ein Outdoor-Fitnessstudio", wie die Insulaner Werbung in eigener Sache betreiben. Das ist nicht nur hübsch formuliert, sondern auch wahr.

Adressen, Paragliding: www.enminube.net, Kajaking: diga-sports.de, Wandern: www.gaigatours.net, Golfen: www.golfcostaadeje.com. Weitere Informationen: www.webtenerife.de

Foto(s): Turismo de Tenerife, Turismo de Tenerife, Turismo de Tenerife, Turismo de Tenerife