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Stephen King: Mörderische Liebe zur Literatur

Blutige Liebeserklärung an das Lesen: "Finderlohn" von Stephen King

Stephen King (67) kann auch als Krimi-Autor nicht von seinen klassischen Themen lassen: Nach dem mörderischen Auto in "Mr. Mercedes" geht es in "Finderlohn" (Heyne, 544 Seiten, 22,99 Euro) erneut um fanatische Fans eines Schriftstellers. Die Ausgangssituation erinnert an "Sie": Der junge Morris Bellamy vergöttert das Werk des Autors John Rothstein, kann diesem aber nicht verzeihen, dass er seinen rebellischen Helden Jimmy Gold am Ende einer Trilogie scheinbar zum Durchschnittsbürger machte. Obendrein zog sich Rothstein danach aus der Öffentlichkeit zurück und schrieb jahrzehntelang allein für sich selbst weiter - inklusive neuer Abenteuer Jimmy Golds.

Tod eines Autors

Im Jahr 1978 bricht Bellamy schließlich mit zwei Komplizen bei dem eigenbrötlerischen Schriftsteller ein, ermordet ihn und entkommt mit seinem restlichen Lebenswerk in Gestalt Dutzender handbeschriebener Notizbücher sowie einer ordentlichen Menge Bargeld. Die beiden lästigen Zeugen tötet Bellamy auf dem Heimweg, doch bevor er sich in Ruhe an die langersehnte Lektüre machen kann, landet er wegen eines anderes Verbrechens lebenslänglich hinter Gittern.

2009 findet der Teenager Pete Saubers Bellamys Beute. Das Geld kommt ihm sehr gelegen, denn seine Familie steckt, bedingt durch Ereignisse aus "Mr. Mercedes" in finanziellen Schwierigkeiten. Pete selbst verfällt Rothsteins Werk ähnlich stark wie Bellamy, die Existenz der Notizbücher des Autors hält er jedoch geheim. Als einige Jahre später Bellamy aus dem Gefängnis entlassen wird, hat er nur noch eines im Sinn: Sich endlich in die Notizbücher zu vertiefen. Die ersehnte Lektüre vor Augen, schreckt er vor keinem Verbrechen zurück. Pete und seine Familie geraten in höchste Gefahr.

Liebeserklärung an das Lesen

"Finderlohn" ist über weite Strecken vor allem eine mit Referenzen auf die amerikanische Literatur gespickte Liebeserklärung an das Lesen. Pete Saubers wie auch Morris Bellamy zeigen, wie sehr Bücher das Leben junger Menschen verändern können - wenn auch nicht immer zum Guten. Wobei auch Bellamys Fanatismus für Rothstein gelegentlich anrührend wirkt, vor allem nachdem man mehr über seine persönliche Lebenssituation erfährt. Und die Gefühle, wenn sich eine Romanserie plötzlich in die "falsche" Richtung entwickelt oder die langersehnte Fortsetzung außer Reichweite bleibt, dürfte sowieso jede Leseratte nachempfinden können.

Wenn sich der Showdown zwischen den ungleichen Literaturfans anbahnt, wird schnell klar, wo die Reise hingeht, doch King hat dann doch noch einige kleine Überraschungen im Ärmel, die das Spannungslevel oben halten. Privatdetektiv Bill Hodges, an sich die zentrale Figur von Kings Trilogie, tritt erst etwa in der Mitte des Buches als Retter in der Not auf den Plan, wobei dem Kenner von "Mr. Mercedes" zahlreiche weitere Verknüpfungen zwischen den Romanen auffallen. Um Freude an "Finderlohn" zu haben, sind allerdings keine Vorkenntnisse nötig.

King enttäuscht seine Fans nicht

Stephen King beweist mit "Finderlohn" erneut, dass er auch als Krimi-Autor überzeugen kann. Dass sich am Schluss doch noch einige übernatürliche Grusel-Elemente einschleichen, die offenbar die Brücke zum letzten Band der Hodges-Trilogie schlagen sollen, wirkt da eher schon ein wenig unnötig. Dennoch ist "Finderlohn" ein rundum gelungenes, spannendes Lesevergnügen, das allerdings vermutlich nicht als einer von Kings Höhepunkten in die Geschichte eingehen wird.

Foto(s): Verlagsgruppe Random House GmbH, Muenchen