Ralph Siegel: Auf dem Schoss von Liz Taylor

Zur Freude der Fotografen gab Ralph Siegel ein kleines imaginäres Klavier-Konzert auf seinen Büchern

Musikkomponist und Produzent Ralph Siegel (69) hat seine Biografie vorgelegt. Endlich! Denn der Münchner hat wirklich etwas zu erzählen. In dem simpel "Die Autobiografie" (LangenMüller, 24 Euro) getauften Buch geht es um Liebe, Sex und Leidenschaft. Das 480-Seiten-Werk hat aber noch viel mehr zu bieten. Es ist auch eine wilde Reise durch die schillernde Musik-Geschichte und Künstler-Szene der vergangenen Jahrzehnte und ein echtes Lehrstück für junge Musiker. Ergänzend dazu erscheint in der kommenden Woche auch noch seine "musikalische Biografie" (Sony), wie der Produzent während der Pressekonferenz zum Buch am Dienstag in München verriet.

Im anschließenden Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärte Siegel außerdem, wie wichtig Beziehungen für ihn sind und warum er so engagiert gegen zu viel englischsprachige Musik in den deutschen Radiosendern kämpft. Ebenfalls verraten hat er dabei, ob er ein großer Flirt-Experte ist und wie er seinen 70. Geburtstag am 30. September feiern wird.

Warum haben Sie die Biografie geschrieben?

Ralph Siegel: Meine Frauen und meine Kinder haben immer wieder gesagt, dass ich das alles, was ich abends oder bei gemeinsamen Essen immer mal so erzählt habe, doch aufschreiben soll. Ich habe lange darüber nachgedacht und irgendwann war es dann soweit. Ich kam zu dem Schluss, dass wenn ich mit 70 nicht schreiben kann, was ich alles erlebt habe, wann dann? Schließlich kann ich manchmal schon selbst nicht mehr glauben, dass ich zum Beispiel bei den legendären Partys meiner Eltern in Rimsting am Chiemsee als kleiner Bub auf dem Schoss von Hollywood-Diven wie Liz Taylor gesessen bin.

Wie lange haben Sie fürs Schreiben gebraucht?

Siegel: Ich habe gute zwei Jahre dafür gebraucht. Zwischendurch ist das Manuskript immer mal wieder redigiert worden. Vielleicht wäre es schneller gegangen, wenn es ein Autor mit mir zusammen geschrieben hätte. Das wollte ich aber nicht. Ich hab es so aufgeschrieben, wie ich es empfunden habe.

Was erwartet die Leser?

Siegel: In meiner Biografie ist zu lesen, was ich in den vergangenen 70 Jahren gemacht, erarbeitet, kreiert habe, welchen Spaß wir hatten und welchen Blödsinn ich gemacht habe. Außerdem gibt es viele lehrreiche Dinge für junge Musiker, die in den Beruf einsteigen wollen. Ich habe aber auch über die beruflichen Tiefpunkte geschrieben. Denn viele Menschen denken, dass in unserem Beruf einfach so Millionen verdient werden. Das ist aber falsch, weil man mit dem Erfolg ja auch die vielen Misserfolge bezahlen muss. Ich hatte nicht nur Glück und habe viel Geld verloren. Außerdem hatte ich eine Firma mit 120 Mitarbeitern. Das muss alles bezahlt werden. Sowas vergessen die meisten bei der Kalkulation gern.

Sie beschreiben auch Ihre ungewöhnliche Kindheit...

Siegel: Meine Eltern sind nach dem Krieg mit mir aus dem zerbombten München aufs Land gezogen. Ich hatte eine sehr behütete Kindheit am Chiemsee. Es gab keine Computer und ferngeguckt haben höchstens mal die Eltern irgendwas in Schwarz-Weiß. Wir Buben haben Fußball gespielt und Sport gemacht. Der einzige Unterschied zu vielen Nachbarn war, dass meine Eltern ihr Leben maximal genießen wollten nach der schrecklichen Kriegszeit. Und weil es ihnen finanziell besser ging, weil mein Vater so viel gearbeitet hat, haben sie die Sau rausgelassen. Allein jeder Geburtstag eines Freundes wurde bei uns groß gefeiert - unter anderem mit Unmengen des damaligen Party-Getränks Bowle. Mein Vater hat aber auch stets alle Künstler aus der ganzen Welt zu uns nach Hause eingeladen und sie sind gern dem Ruf gefolgt.

Sie erzählen sehr viele Liebesgeschichten, angefangen von der ersten bis hin zu Ihrer Trennung 2014. Wie wichtig sind Beziehungen für Sie?

Siegel: Dass ich bei all dem beruflichen Engagement meine Frauen nicht vergesse, ist ja klar. Grundsätzlich bin ich kein Mensch, der gerne allein ist. Das geht vielleicht mal ein paar Monate gut, aber dann fehlt mir der Austausch zu sehr. Ich möchte über die Dinge, die passieren, nicht mit mir selbst sprechen. Wenn ich mal traurig bin, möchte ich mich an jemanden anlehnen können. Vor allem aber will ich die glücklichen Momente und das gemeinsame Lachen teilen. Das ist das Allerschönste.

Am Anfang vieler Beziehungen steht der Flirt. Was ist Ihr ultimativer Flirt-Tipp?

Siegel: Anders als man vielleicht denken könne, habe ich mir nie leicht getan, eine Frau anzusprechen. Das kann ich bis heute nicht. Bei meinem Freund Lars, mit dem ich während meines Verlagsvolontariats in Paris ein Jahr lang zusammengewohnt habe, war das ganz anders. Bei ihm habe ich gesehen, wie leicht es sein kann. Er konnte wildfremde Menschen sogar mit vollkommen blöden Sprüchen ansprechen - und es hat geklappt. Ich war schon immer wesentlich introvertierter. Das höchste der Gefühle bei mir, ist zurückzuprosten, wenn mich jemand nett anschaut. Ich bin kein großer Anmacher und war es auch nie.

Ihre große berufliche Leidenschaft ist der ESC. Warum?

Siegel: Auch wenn jede ESC-Teilnahme unheimlich viel Zeit, Kraft und Geld kostet, möchte man das, was man sich zusammen mit einem Künstler ausdenkt, auch gerne einem Millionenpublikum präsentieren. Das ist einfach eine große Faszination.

Mögen Sie auch andere Musikgenres?

Siegel: Natürlich! Ich mag Rock, Pop, ... So habe ich zum Beispiel auch die damalige Deutsch-Punk-Band Die Toten Hosen ["Tage wie diese", 2012] 1985 mit 80.000 D-Mark finanziert.

Grundsätzlich kämpfen Sie gegen zu viel englischsprachige Musik in den Radiosendern. Warum?

Siegel: Wenn 65.000 Leute zu Helene Fischer ins Stadion gehen, zeigt das doch, dass die Menschen deutschsprachige Musik hören wollen. Der große Erfolg von Helene Fischer, Andrea Berg und Andreas Gabalier ist ja aber nur die Ausnahme. Ich mache mir Sorgen um den Nachwuchs. Unter anderem, weil man nicht mehr so gut verdient. Was soll denn da schon rauskommen, wenn man Musik nebenher macht?

Machen Ihnen die vielen Veränderungen im Musikbusiness zu schaffen?

Siegel: In unserem Beruf muss man sich immer wieder neu orientieren. Dabei helfen mir auch meine Töchter. Außerdem gehe ich in Discos und hatte das Glück, immer jüngere Frauen zu haben.

Am 30. September feiern Sie Ihren 70. Geburtstag. Wie fast jedes Jahr auf der Wiesn?

Siegel: Die runden Geburtstage feiere ich immer ein bisschen größer. Diesen konkreten wollte ich eigentlich gar nicht feiern, weil es eine schreckliche Zahl ist. Doch zur Familie, die allein schon 50 Personen umfasst, kamen dann noch Freunde und Weggefährten und so wird es jetzt doch eine größere Veranstaltung mit viel Musik und Überraschungen im Teatro von Alfons Schuhbeck.

Foto(s): ili/spot on news