Das macht "The 100" so erfolgreich

Kass Morgan, die Autorin von "Die 100"

Nicht nur die TV-Serie "The 100" (mittwochs, 20:15 Uhr, ProSieben) ist hierzulande inzwischen zu sehen, auch die Buchvorlage "Die 100" ist im Verlag "Heyne fliegt" auf Deutsch erschienen. Geschrieben hat das Buch Kass Morgan - im Interview mit spot on news erklärt die Autorin, wie die Fans auf die Unterschiede zwischen Serie und Buch reagieren, was sie vom Vergleich mit "Die Tribute von Panem" hält und warum diese Formate bei jungen Erwachsenen so erfolgreich sind.

Die TV-Serie "The 100", die auf Ihren Büchern beruht, ist in Deutschland erfolgreich gestartet. Im kommenden Jahr läuft in den USA die 3. Staffel an. Werden Sie mehr Bücher schreiben, um Nachschub für die Serie zu liefern?

Kass Morgan: Momentan gibt es keine Pläne für ein viertes Buch. Aber das hat keine Auswirkungen auf die Serie. Die Handlung im TV ist tatsächlich schon sehr früh in der ersten Staffel von den Büchern abgewichen und jetzt ist es komplett unterschiedlich.

Die Serie unterscheidet sich auch zum Beispiel durch neue Charaktere von den Büchern. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie die Show das erste Mal sahen?

Morgan: Die erste Folge, die ziemlich nah am Buch ist, zu sehen, war völlig unwirklich. Es war wie aufzuwachen, den Fernseher anzumachen und den Traum von vergangener Nacht auf dem Bildschirm zu sehen. Lesen und Schreiben sind solch private Erfahrungen, dass es etwas irritierend war, dass Figuren, die ich erschaffen habe, Wörter sagten, die es bis dahin nur auf einem Bildschirm oder einer Buchseite gab. Es war trotzdem super cool! Und was die Veränderungen angeht, denke ich, dass sie wirklich gut funktionieren. Ich finde es gut, dass sich die Serie von den Büchern unterscheidet, so bleibt es für die Leser und die Zuschauer spannend. Man kann zwischen beidem hin und her wechseln, ohne sich darum Sorgen machen zu müssen, dass etwas vorweggenommen wird.

Was sagen die Fans, die Serie und Buch vergleichen?

Morgan: Es gibt lustige, lebhafte Diskussionen zwischen den "Bellarke Shippern" - das sind Leute, die Clarke und Bellamy in der Serie als Paar sehen wollen, so wie es in den Büchern ist. Die Chemie zwischen den Charakteren in der TV-Show stimmt so sehr, dass einige Fans vor Erwartung platzen. Aber ich mag, wie sehr ihre Beziehung in der Show in die Länge gezogen wird. Wenn sie dann wirklich zusammenkommen, wird es explosiv.

TV-Produzent Jason Rothenberg hat sich schon für Ihre Geschichte interessiert, bevor Ihr erstes Buch auf dem Markt war. Wie hat er davon erfahren?

Morgan: Das Konzept für das Buch kam von einer Firma namens Alloy. Die haben eine Menge Erfahrung mit Kino- und TV-Adaptionen von Büchern. Nachdem ich das Manuskript für "Die 100" geschrieben habe, haben meine Lektoren es Kollegen aus der TV-Abteilung gezeigt, die Jason ins Spiel brachten.

Finden Sie es gut, dass "The 100" oft mit "Die Tribute von Panem" verglichen wird?

Morgan: Natürlich! Das ist ungeheuer schmeichelhaft. Ich bin ein großer Fan von "Die Tribute von Panem". Trotzdem glaube ich eigentlich nicht, dass es so große Ähnlichkeiten gibt. "Die Tribute von Panem" ist wirklich eine Dystopie, während "The 100" viel mehr Sci-Fi ist. Dystopien bilden meiner Ansicht nach die Probleme ab, die möglicherweise die Welt zerstören könnten, Sci-Fi denkt sich lieber die Lösungen aus. Das ist ein bisschen optimistischer.

Warum haben Geschichten über junge Erwachsene, die in post-apokalyptischen Welten kämpfen, so viel Erfolg?

Morgan: Ich glaube, Teenager sind in einer schwierigen Lage. Sie haben eine Unmenge an Verantwortung und Erfolgsdruck, aber sie haben keine große Eigenständigkeit. Die High School kann sich gewisserweise anfühlen wie eine dystopische Gesellschaft - mit Cliquen und einflussreichen Erwachsenen, die dir sagen, was du tun musst und was passiert, wenn du versagst. Vor diesem Hintergrund ist es wirklich spannend, eine Story über Teenager zu lesen, die gegen die strukturierte Welt, in die sie gezwungen werden, rebellieren und versuchen, etwas Besseres zu erschaffen.

Was sind Ihre liebsten Science-Fiction-Geschichten?

Morgan: Ich mag klassische Sci-Fi und habe die Charaktere in "Die 100" nach einigen meiner Lieblings-Schriftsteller wie H.G. Wells, Arthur C. Clarke und Octavia Butler benannt. Bei den Filmen habe ich so viele Favoriten, dass ich gar nicht alle aufzählen kann, aber zu den Highlights zählen "Blade Runner", "2001: Odyssee im Weltraum" und aus jüngster Zeit "Her", den ich liebe, weil er Science Fiction mit einer Liebesgeschichte verbindet.

Würden Sie selbst mal gerne eine Zeit lang auf einer Raumstation leben?

Morgan: Absolut! Ich hoffe wirklich, dass Reisen ins All für Zivilisten noch zu meinen Lebzeiten bezahlbar werden. Das ist etwas, von dem ich immer geträumt habe.

In Ihren Büchern spielen auch Themen wie Klassenunterschiede, die Todesstrafe, Menschenversuche und die Folgen eines Atomkriegs eine Rolle.

Morgan: Darüber habe ich zunächst nicht viel nachgedacht. Als ich die Story geplant habe, haben mich mehr die Charaktere und ihre unterschiedlichen Lebenswege interessiert. Aber je mehr ich über das Leben auf dem Raumschiff nachgedacht habe, desto mehr Fragen kamen in mir auf. Wie würden die Ressourcen verteilt werden? Würde es soziale Beweglichkeit zwischen den Schichten geben? Wie viele Kinder dürfte man bekommen? Und am wichtigsten: Wie wirkt es sich auf die Rechte des Einzelnen aus, wenn es das höchste Ziel der Gesellschaft ist, die Menschheit am Leben zu erhalten? Ich habe anfangs definitiv kein Buch mit so dunklen Themen im Kopf gehabt, aber relativ früh wurde mir klar, dass meine Figuren sich mit komplexen moralischen Fragen auseinandersetzen müssen, und ich denke, das macht die Geschichte letztendlich viel interessanter.

In welches Zeitalter würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen?

Morgan: Darüber denke ich wirklich die ganze Zeit nach! Im Moment schwanke ich zwischen drei Perioden: 1. das antike Rom, 2. das Amerika des 18. Jahrhunderts, zur Zeit des Unabhängigkeitskriegs und 3. das London der 1890er Jahre, damit ich Oscar Wilde auf Partys folgen könnte.

Foto(s): Michael Bisberg