S wie „Shades of Grey”

Sexpertin Caro Schäfer weiß, was hinter geschlossenen Vorhängen und zwischen den Laken passiert. In unserem wöchentlichen Sex-Blog buchstabiert sie die heißesten Sex-Phänomene, -Techniken und -Mythen durch: Von A wie Anal, über M wie Mile High Club bis Z wie... Lassen Sie sich überraschen!

"Shades of Grey - Gefährliche Liebe" ist auf Platz 1 der Bestseller-Liste eingestiegen (Bilder: Goldmann Verlag)
"Shades of Grey - Gefährliche Liebe" ist auf Platz 1 der Bestseller-Liste eingestiegen (Bilder: Goldmann Verlag)

Ich schlafe nicht mit jemandem. Ich f**** ... hart. (Christian Grey, Millionär und Sadist)

Stöhnend winde ich mich, unterdrücke einen Schmerzensschrei. Meine Wangen errötet vor Erregung als ich mit bebenden Händen zur Tastatur greife und meine schlanken Fingern die Worte tippen, die mein Blut in heiße Wallung bringen: „Shades of Grey — Geheimes Verlangen". Kaum ein Beststeller hat mich so auf Touren gebracht wie E. L. James' Schmuddel-Schinken.

Da könnte ich mich aufregen! Aufregen könnte ich mich darüber, wie aus Nichts so ein Megahype werden kann! Die verkrampfte Sadomaso-Beziehung zwischen der unerfahrenen Ana Steele und dem attraktiven Christian Grey (damit ist die ganze Geschichte auch schon erzählt) erotisiert mich so sehr wie das Fernsehballett oder Reizwäsche. Aber, hey, Millionen Frauen weltweit können nicht irren! Rund um den Globus verkaufte sich der erste Teil der Trilogie über 40 Millionen Mal, alleine in Deutschland gingen 1,2 Millionen Exemplare über die Ladentheke.

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Noch feucht zwischen den Schenkeln und erschüttert vom letzten Orgasmus erwarteten die Fans die Veröffentlichung des zweiten Bandes („Shades of Grey — Gefährliche Liebe"). Am 3. September ergossen sich die druckfrischen Bücher endlich in die engen Regale der Läden. Mehr „Mommy Porn" (dt.: Groschenroman mit viel Geschlechtsverkehr) für alle! Legt sie an, eure Ketten der Unterdrückung!

„Shades of Grey" haucht dem Wort Masochismus Leben ein. Für mich ist dieses Buch eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz und Sexualität: Uninspiriert geschrieben und total ungeil! Jedes einzelne Wort spuckt auf Anspruch und Stil. Grausam zwingt die Autorin den Geist der Leser in die Knie. Dramatisch: 72 Stunden meines Alltags sind spannender und heißer als die Klischees, die James auf 608 Seiten breit quatscht.

"Shades of Grey"-Phantombild zeigt Protagonisten Christian Grey: Welcher Darsteller kann ihn spielen?

Zusammengefasst könnten die SMS-Dialoge, die ich mit meinem Lover in London führe, locker den vierten Band ergeben — sprachlich wie inhaltlich dasselbe Niveau, nur mit mehr Bildern. Jetzt muss ich nur noch einen Verleger finden und mir ein cooles Pseudonym ausdenken. E. L. James heißt mit bürgerlichem Namen Erika Leonard, startete ihre Karriere aber als Fantasy-Autorin Snowqueens Icedragon. Muss ich noch mehr sagen?

Mein Tipp für wirklich wertvolle Sex-Literatur: Lou Paget „Die perfekte Liebhaberin" und „Der perfekte Liebhaber" (Goldmann Verlag, jeweils 8,99 Euro) — mit praktischen Tipps und anschaulicher Bebilderung.