E wie Escort

Sexpertin Caro Schäfer weiß, was hinter geschlossenen Vorhängen und zwischen den Laken passiert. In unserem wöchentlichen Sex-Blog buchstabiert sie die heißesten Sex-Phänomene, -Techniken und -Mythen durch: Von A wie Anal, über M wie Mile High Club bis Z wie... Lassen Sie sich überraschen!



Wir sind Freelancer, wie sie
im Buche stehen. Jeder für sich und Gott für uns alle. (Cem Yildiz, „Fucking Germany“)

In diesem Moment befinde ich mich 9.996 Kilometer über der Erde, auf einem Transatlantikflug, um für den Buchstaben „M“ zu recherchieren. Sie haben sicher schon einmal etwas vom berühmten Mile High Club gehört? Zwölf Stunden Flug sollten reichen, in dieser Sache weiter zu kommen. Dazu mehr in ein paar Wochen…

Bevor das Licht gedimmt wird und alle in einen unruhigen Flugzeugschlaf fallen, flippe ich durch die Film-Auswahl. Im Angebot: Der Klassiker „Pretty Woman“. Viele behaupten ja, Disney habe ihnen ein unrealistisches Bild von Liebe vermittelt. Mir hat „Pretty Woman“ ein unrealistisches Bild von käuflicher Liebe vermittelt.

Nicht zum Nachmachen geeignet: Diese Hollywood-Sex-Szenen sind nur auf der Leinwand heiß

Ich habe mich immer der Illusion hingegeben, dass neben dem schmutzigen Straßenstrich und der Knochenarbeit in den Bordellen eine Parallelwelt existiert: Die glamouröse Welt der Edelprostituierten, der Escorts. Diese Priviligierten unter den Prostituierten warten den ganzen Tag in ihrer großzügigen, geschmackvoll eingerichteten Wohnung auf Anrufe von potenziellen Freiern.

Die sind natürlich allesamt gut situiert, gepflegt und mehr an Konversation und einer schönen Begleitung als an schnödem Sex interessiert. Escort, das heißt im Englischen ja schließlich nur „Begleiten“ oder „Begleitung“, nicht wahr? Dementsprechend sind Escorts charismatische Erscheinungen: Gebildet und gutaussehend zugleich, versiert in Konversation und Tischmanieren – eine Zierde für jeden Mann. Dachte ich, bis ich Dani kennenlernte. Dani vermietet eine Finca auf Mallorca und ist, sagen wir mal, ein ziemliches Klischee: Lange blonde Haare, falsche Fingernägel, fiese Solariumbräune, aufgespritzte Lippen und aufgeblasene Silikonbrüste. Das Kunstwerk wird gekrönt von mehreren schlecht gestochenen Tattoos und einigen Schichten bunter Schminke.

Dani ist 31 und das seit mindestens 15 Jahren. Den gesamten Urlaub über habe ich gerätselt, womit diese Lady ihr Geld verdient. Die Einnahmen aus der Vermietung der Finca konnten es nicht sein, denn für die verlangte sie einen Spottpreis. Mir erzählte die dicklippige Dani, sie würde in Promotion und Marketing machen. Dafür zog sie sich den ganzen Tag an ihren Rechner zurück und zog einen Vorhang um sich zu. Diese Geheimnistuerei machte mich fuchsig, also begann ich im Urlaub, meine geballten Internetspionage-Fähigkeiten einzusetzen. Und siehe da, wenige Klicks später wusste ich: Dani ist ein Urgestein in Sachen Escort. Nicht nur, dass sie selbst seit mehreren Dekaden in dem Business tätig ist, ihr gehört sogar eine eigene Agentur. Mit Oper, Kino, Luxusreise ist da nix für die Damen – denn letztlich werden sie nur für eines gebucht: Sex. Jetzt weiß ich das aus erster Hand. Auch reiche Businessmänner buchen Damen nicht als Begleitung für offizielle Anlässe, sondern als Gespielinnen für einsame Stunden.

Zeit, Lob und Streit: Was gegen Untreue hilft

Bei den Männern geht es übrigens auch nicht viel romantischer zu. Vergessen Sie „American Gigolo“! In seinem Buch „Fucking Germany“ beschreibt Cem Yildiz sehr bildhaft, wie es in der Szene zu geht. Jahre lang hat er als männlicher Escort in Deutschland gearbeitet und das nicht für alte einsame Damen, sondern vor allem für Männer. Eine Stunde mit ihm kostete 100 Euro. Escorts sind die ultimativen Sexdienstleister: Wenn man Yildiz glaubt, machen sie einen harten Job und nehmen dabei ein hohes unternehmerisches Risiko auf sich. Der feine Unterschied zur klassischen Prostitution: Mehr Reisen, etwas höheres Einkommen, aber keine Sozialversicherung. Von Hollywood-Glamour keine Spur.