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Was ist „Glück“?

So hat sich unser Verständnis des Gefühls von 1938 bis heute gewandelt

Mit der Zeit verändert sich unsere Perspektive – das ist das Ergebnis einer über 80 Jahre fortdauernden Studie.


Zeit mit der Familie ist heute für viele Menschen Glück (Bild: Getty)
Zeit mit der Familie ist heute für viele Menschen Glück (Bild: Getty)

Forscher von der University of Bolton, England, führten vor kurzem erneut ein Experiment durch, das erstmals im Jahr 1938 stattfand. Damals wurde in der Zeitung „Bolton Evening News“ eine Anzeige geschalten, welche die Leser dazu aufrief, die uralte Frage zu beantworten: „Was ist Glück?“

Zehn Auswahlmöglichkeiten wurden angeboten, bei denen die Teilnehmer die Wichtigkeit des jeweiligen Punktes bewerten sollten. Es folgt ein Zeitsprung in die Gegenwart, wo Psychologen den Spuren ihrer Vorgänger folgen.

Insgesamt meldeten sich im Jahr 1938 226 Menschen auf die Anzeige und die obersten 3 Glücksfaktoren waren, in entsprechender Reihenfolge, Sicherheit, Bildung und Religion.

Nicht so in der aktuellen Umfrage. Die Top 3 der Glücksfaktoren waren, in entsprechender Reihenfolge, Humor, Freizeit und Sicherheit.

Diese Zitate wurden den Fragebögen entnommen:

  • Genug Geld um meine täglichen Bedürfnisse und ein wenig Freude decken zu können.“ (1938)

  • Die Gewissheit, dass meine Miete rechtzeitig bezahlt wird und ich es mir leisten kann, mich gesund zu ernähren.“ (2014)

  • Ich hätte gerne ein kleines Zuhause, nicht viele Besitztümer...eine geeignete und erfüllende Beziehung, die Erreichbarkeit von guter Musik und Büchern (1938)

  • Mich meinen Hobbies widmen zu können, eine sorgenlose Zeit verbringen zu können. Einfache Dinge, wie der Genuss von einem guten Essen oder das Gefühl, geborgen und begehrt zu sein (2014)

Die Psychotherapeutin Stacy Kaiser, Autorin des Buches „How to Be a Grown Up“, zeigt sich im Interview mit Yahoo Health nicht überrascht von diesen Ergebnissen. „Global gesprochen, basieren die Prioritäten, die wir im Leben setzen, auf einer Generation. Die Zeit, in der wir leben, das Alter eines Menschen, die Wirtschaftssituation – all dies sind Schirm-Faktoren. Die Wirtschaft stagniert, die Scheidungsrate ist höher als je zuvor, die Leute suchen auf neuen Wegen nach Erfüllung und Glück. Wir versuchen uns nicht mehr so sehr auf das Äußere zu verlassen, sondern uns stattdessen auf das zu konzentrieren, was uns gerade glücklich macht.“

Interessanterweise kam Religion auf den letzten Platz in der Gegenwarts-Umfrage. Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass Glück heutzutage nicht von dem Glauben an eine höhere Macht abgeleitet wird. „Heutzutage neigen die Leute dazu, ihre eigenen Werte und Glaubensgrundsätze zu entdecken. Und sich weniger daran zu halten, was ihnen eine Religion vorschreibt“, so Kaiser. „Die Menschen sind unabhängigere Denker geworden. Und die spirituelle Route erlaubt es, seinen eigenen Pfad zu ergründen, während die traditionellen Religionen das nicht tun. Das ist es, was unsere Generation sucht.“

Und obwohl es ein Klischee ist, scheint man mit Geld letzten Endes kein Glück kaufen zu können. „Die Leute realisieren jetzt, dass sie sich nicht auf Geld verlassen können“, erklärt Kaiser. „Nur weil Du einen höheren Abschluss hast, heißt das nicht, dass Du einen Job bekommst. Nur weil Du einen Job hast, heißt das nicht, dass dieser für immer dauern wird, oder dass Du Dir mit dem verdienten Geld das leisten können wirst, was Du möchtest. Der durchschnittliche Bürger hat also gelernt, dass Du nicht wohlhabend bist, nur weil Du hart arbeitest oder gut ausgebildet bist. Nicht einmal, dass Du genug Geld zum Leben hast. Aber lassen sie uns ehrlich sein. Die Freizeitaktivitäten mancher Leute sind eben teuer, sie werden das Geld also brauchen!“

Kaiser schließt mit der Bemerkung, dass sie den Wandel innerhalb der Prioritäten als positiv ansieht: „Diese Ergebnisse passen zu den Leuten, mit denen ich derzeit rede. Den Menschen geht es darum herauszufinden, was sie wirklich glücklich macht. Und ich glaube, dass das eine sehr gute Entwicklung ist.“