Alles über Zecken: Wie gefährlich sind die Biester wirklich?

Die warmen Temperaturen locken nicht nur die Sonnenhungrigen aus ihren Schlupflöchern hervor, auch Zecken wagen sich wieder auf die Wiesen des Landes. Nicht zuletzt bei Outdoor-Fans wandert in jedem Jahr die Angst vor den gierigen Biestern mit. Aber ist die Zecke wirklich das gefährlichste Tier Deutschlands, wie Experten nun behaupten? Was machen, wenn ich von einer Zecke gebissen wurde? Und sollte ich mich impfen lassen? Fragen über Fragen — wir haben die Antworten.

Alles über Zecken: Wie gefährlich sind die Biester wirklich? (Bilder: thinkstock)
Alles über Zecken: Wie gefährlich sind die Biester wirklich? (Bilder: thinkstock)


Wie gefährlich ist ein Zeckenbiss wirklich?
Beim „1. Süddeutschen Zeckenkongress" im März dieses Jahres resümierten Wissenschaftler der Uni Hohenheim, dass die Zecke das gefährlichste Tier Deutschlands sei. Aber: „Das muss man relativ betrachten", weiß Professor Franz-Rainer Matuschka, Parasitologe der Berliner Charité. „Auch Hunde, Vögel und Katzen können schließlich Krankheiten übertragen — man denke nur an die so genannte Katzenkratzkrankheit und nicht zu vergessen die Toxoplasmose! Trotzdem ist es gut, dass so für das Thema Zeckenbiss sensibilisiert wird." Lassen Sie es uns also folgendermaßen formulieren: Ein Bewusstsein über die Gefahren von Zecken ist wichtig — vor einem Picknick im Park brauchen Sie aber nicht gleich in einen Raumfahrtanzug zu schlüpfen!

Und auch wenn er in aller Munde ist — über den FSME-Virus etwa, den Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis, brauchen Sie sich keine allzu großen Sorgen zu machen. Das bestätigt auch Professor Matuschka. Mit den grippeähnlichen Begleiterscheinungen bei Ausbruch der Krankheit verläuft sie meist ungefährlich — und manchmal sogar völlig unbemerkt. Weitaus tückischer sind die von derselben Zeckenart, dem Gemeinen Holzbock, übertragenen Borrelien. Diese können eine Lyme-Borreliose und schwere Gesundheitsschäden auslösen — gegen die man sich nicht impfen lassen kann, wie Matuschka erklärt. Eine Infektion durch diese Bakterien kann sich zunächst wie eine Grippe anfühlen. Sie kann sich aber auch erst Monate nach dem Stich bemerkbar machen und so erst spät behandelt werden. Dadurch können Infizierte chronische Symptome entwickeln und Muskeln, Gelenke oder sogar das zentrale Nervensystem in Mitleidenschaft geraten. Auch Herzprobleme könnten dann auftauchen.

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Wie häufig ist die Lyme-Borreliose?
„Jede 3. bis 4. Zecke trägt zonotische Erreger, die von Tier auf Mensch übertragen werden", erläutert Professor Matuschka. Eine verlässliche Aussage über die tatsächliche Zahl der Lyme-Borreliose-Erkrankungen in Deutschland zu treffen, ist jedoch weitaus schwieriger, schließlich ist die Infektion nicht in allen Bundesländern meldepflichtig. Wegen dieser Ungenauigkeit hat Professor Klaus-Peter Hunfeld vom Nordwestkrankenhaus Frankfurt a.M. Zahlen der Deutschen Angestellten-Krankenkasse zur Grundlage genommen: Bei den bundesweit sechs Millionen Versicherten wurden in den Jahren 2007 und 2008 im Schnitt jeweils 15.700 frische Infektionen mit Borrelien diagnostiziert. Die Forscher um Hunfeld konnten daraus auf jährlich rund 214.000 Neuerkrankungen in Deutschland schließen, wie sie in der Fachzeitschrift „Clinical and Developmental Immunology" berichten. Hieb- und stichfest sind auch diese Zahlen jedoch nicht, da die Diagnose selbst nicht immer eindeutig ist.

Sollte ich mich impfen lassen?
Wie jede Impfung ist auch diese ein heftiger Eingriff in den Organismus. Und bedenken Sie: Die Impfung richtet sich ausschließlich gegen FSME-Viren. Selbst wenn Sie sich also impfen lassen, sind Sie gegen die Gefahren, die von Zecken ausgehen, nicht völlig immun. Übrigens haben Wissenschaftler festgestellt, dass eine Infektion mit FSME-Viren außerhalb von Süddeutschland sehr unwahrscheinlich ist. Auch in den Risikogebieten selbst erkranken jährlich nur 300 Menschen daran. Details und weitere Informationen finden Sie auf der Seite vom Robert-Koch-Institut. Todesfälle, wie früher, kommen kaum noch vor. Impfungen führt jeder Hausarzt durch und Ihrer wird Sie sicherlich gerne beraten. Wenn Sie das 50. Lebensjahr überschritten haben, würde Professor Matuschka Ihnen tatsächlich zur Impfung raten — Sie gehören nun zum Kreis der eher gefährdeten Patienten. Sollte bei Ihnen also eine Reise nach Süddeutschland oder nach Osteuropa anstehen, planen Sie für die Sitzungen beim Arzt mindestens vier Wochen Vorlaufzeit ein, da insgesamt drei Teilimpfungen notwendig sind.

Wie vermeide ich den Kontakt?
Insektenabweisende Mittel helfen für eine Weile, aber darauf sollten Sie sich nicht verlassen. Sicherlich ist es sinnvoll, lange Kleidung zu tragen, doch geben Sie Acht: Genau wie Zecken tagelang auf Ihrer Haut ausharren oder sich im Fell Ihres geliebten Vierbeiners verstecken können, bietet Ihre Garderobe ihnen ebenfalls ein nettes Erholungsplätzchen. Nach langen tiefen Wanderungen also sollten Sie Ihre Kleidung mit Vorsicht behandeln und gründlich waschen. Helle Stoffe haben den Vorteil, dass Sie die kleinen Biester besser erkennen und beseitigen können, bevor Sie sie durch die ganze Wohnung tragen. Zecken lauern vor allem in hohen Gräsern, Gebüschen und im Unterholz (und springen nicht von Bäumen auf Sie herunter!). Festes Schuhwerk ist daher eine vernünftige Wahl und wenn es irgendwie geht, spazieren Sie lieber nicht durch wildbewachsene Waldwiesen.

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Was tun, wenn ich gebissen wurde?
Zecken haben einen „pharmakologischen Cocktail" natürlicher Schmerzmittel im Speichel, wie Professor Matuschka ihn nennt, und der verhindert, dass wir den Biss spüren. Um das Infektionsrisiko der Lyme-Borreliose auszuschließen, wird zur Zeit bundesweit in verschiedenen Kliniken ein Gel getestet. Es wird nach einem Stich auf die betroffene Hautstelle aufgetragen und dringt, gekoppelt an einen Trägerstoff, in die tieferen Hautschichten ein. Dort soll es den Erregern das Handwerk legen, bevor sie sich im Körper ausbreiten können. „Man kann damit sicherlich die eine oder andere Infektion verhindern", glaubt Matuschka. Solange das Gel aber noch nicht in Apotheken verkauft wird, ist wohl weiterhin Vorsicht geboten. Sollten Sie eine Zecke entdeckt haben, entfernen Sie diese möglichst schnell und desinfizieren Sie die Biss-Stelle gründlich. Nach einer Wanderung sollten Sie daher auch auf Tuchfühlung gehen: „Sich auszuziehen und gegenseitig abzusuchen, kann ja auch eine interessante soziale Interaktion sein!", findet Professor Matuschka.