Wenn Narben Geschichten erzählen

Lebens-Wahrheiten von 11 Frauen

Narben erinnern uns an Ereignisse aus unserem Leben (Bild: Yahoo.com)
Narben erinnern uns an Ereignisse aus unserem Leben (Bild: Yahoo.com)

Unser Leben lang sammeln sich Narben an unseren Körpern. Von der verblassten Schürfwunde am Knie aus der Kindheit bis zur deutlich sichtbaren Operationsnarbe machen sie kleine wie bedeutende Episoden sichtbar. Sie repräsentieren Heilung und die Herausforderungen, die wir überwunden haben, sie können aber auch eine Quelle der Verlegenheit, des Schams oder der Traurigkeit sein. In einer Welt, in der Photoshop gang und gäbe ist, werden Narben, Poren oder Unreinheiten, die so viele Frauen haben, retuschiert, als ob es sie nie gegeben hätte.

Nicht jede Narbe steht für ein Trauma oder eine Krankheit, aber einige tun es. Andere sind lediglich Zeugnis eines Lebens, in dem ab und an auch mal etwas schief gegangen ist: Wir stoßen uns, wir verbrennen uns, wir verletzen uns beim Sport. Die Narben dieser 11 Frauen erzählen ihre eigenen kleinen Geschichten.

Cristina

Früher hasste Cristina ihre Narbe (Bild: Yahoo.com)
Früher hasste Cristina ihre Narbe (Bild: Yahoo.com)


„Ich wurde bereits mit einem Herzfehler geboren. Mit einer Zyanose, also einer blauen Verfärbung der Haut, kam ich aus dem Mutterleib. Sie mussten mich notoperieren, weil sie nicht glaubten, dass ich es schaffen würde. Seitdem habe ich noch sechs weitere Operationen hinter mich gebracht. Vor ein paar Jahren bekam ich einen Herzschrittmacher und dann, als Erwachsene, hatte ich endlich die Operation am offenen Herzen.„Ich hasste meine Narbe ... Aber meine Freundinnen haben mich immer unglaublich unterstützt. Innerhalb weniger Monate legten sich meine Sorgen, denn sie sagten mir immer wieder: ‚Mensch, es ist einfach großartig, dass du es geschafft hast’. Meine Freundin sagte immer, die Narbe mache ein schöneres Dekolleté.„Ich finde Narben sind Symbole von Kriegern, von Reisenden. Als ich jünger war, habe ich versucht, die Narbe am Rücken auf Partys zu verbergen ... meine Mutter kaufte mir wunderschöne Konfektionskleider und brachte extra noch ein Band oder so etwas an, um die Narbe zu verdecken. Das war ziemlich lustig.“

Katherine

Katherine wurde von einer Spinne gebissen (Bild: Yahoo.com)
Katherine wurde von einer Spinne gebissen (Bild: Yahoo.com)


„Ich war im absoluten Hinterland von New York unterwegs, als ich von einer Spinne gebissen wurde. Ich ging erst 48 Stunden später ins Krankenhaus, als ich nicht mehr richtig sehen und stehen konnte und hohes Fieber hatte. Sie machten ein Blutbild und gaben mir Antibiotika. Im Krankenhaus öffneten sie die entzündete Stelle nicht, was echt komisch war, denn die hatte sich mittlerweile zu einem riesigen Klumpen am Bein entwickelt.

Sie hatten wohl eine falsche Diagnose gestellt, denn als ich mich später in einem Krankenhaus in New Jersey vorstellte, wurde die Schwellung sofort geöffnet. Was da so alles rauslief, war echt gruselig. Mir wurde gesagt, das es eine Zellgewebsentzündung wäre, weswegen die Wunde nicht genäht werden könne. Die Narbe entstammt der inneren Infektion.“

Lyne

Lynes Narbe an einer eher ungewöhnlichen Stelle (Bild: Yahoo.com)
Lynes Narbe an einer eher ungewöhnlichen Stelle (Bild: Yahoo.com)

„Als ich vier Jahre alt war, schnappte ich mir zwei Stühle und sprang dazwischen, um mich so vor und zurück zu schwingen. Doch die Stühle waren nicht stabil genug, ich fiel mit dem Gesicht voran auf den Boden. Durch den Fall biss ich mir versehentlich die Zunge ab. Meine Mutter erinnerte sich, dass sie noch an einem Faden in meinem Mund hing. Sie wollte sie nicht anfassen, weil sie Angst hatte, dass sie dann komplett abfallen könnte. Meine Mutter meinte auch, es hätte sehr stark geblutet. Ich wurde sofort zu einem Chirurgen gebracht, der mir die Zunge wieder annähte. Zwei Monate lang konnte ich nur Suppe essen.“

Marisa

Marisa hat ihre Narbe noch nicht akzeptieren können (Bild: Yahoo).
Marisa hat ihre Narbe noch nicht akzeptieren können (Bild: Yahoo).

„Ich musste einen Teil meiner Schilddrüse entfernen lassen, nachdem dort ein Tumor festgestellt worden war. Manchmal verdränge ich, dass ich die Narbe habe, manchmal schaue ich in den Spiegel und muss weinen. Mein Hals ist eines der Körperteile, das ich an mir am liebsten mag. Ich fand immer, dass er mich viel schöner macht. Jetzt ist dort eine große Narbe, die ich nicht einmal verstecken kann. Nun erzähle ich davon, um damit ins Reine zu kommen. Ich will die Narbe mögen, sie als einen Teil von mir akzeptieren.“

Morgan

Morgan hat eine Wirbelsäulen-OP hinter sich gebracht (Bild: Yahoo.com)
Morgan hat eine Wirbelsäulen-OP hinter sich gebracht (Bild: Yahoo.com)


„Das hier ist meine Skoliose-Narbe. Die habe ich seit meiner Wirbelsäulen-OP. Da war ich gerade mal elf Jahre alt. Man sagte mir, es würde mindestens drei Monate dauern, bis alles verheilt wäre. Im ersten Jahr durfte ich die Stelle nicht der Sonne aussetzen, also trug ich im Sommer einen speziellen Badeanzug, der sich bis ganz nach oben mit einem Reißverschluss schließen ließ. Weil ich als Farbige stärker zu Wulstnarben neige, verläuft der Heilungs- und Vernarbungsprozess etwas anders bei mir. Man muss die Narben unbedingt bedeckt halten. Was die Einschränkungen angeht: Trampolinspringen ist verboten und auch Bungee Jumping ist absolut tabu. Aber Yoga darf ich machen und bin dabei sogar recht flexibel.

Nur meinen Rücken kann ich nicht richtig weit krümmen. Ich habe diese Narbe nun seit 15 Jahren und stehe mittlerweile ganz anders zu ihr. Als Mädchen wollte ich immer perfekt sein, und da war es natürlich schwierig für mich, eine Narbe zu haben, die sich über meinen ganzen Rücken erstreckt. Die Leute gucken da nun mal einfach. Diese ungewollte Aufmerksamkeit kann schwer zu ertragen sein, aber je älter man wird, desto wohler fühlt man sich in seiner Haut. Man fühlt sich gut mit sich selbst. Als ich diesen Punkt erreicht hatte, war mir die Narbe eigentlich egal.“

Emily

Emily hatte einen schweren Unfall (Bild: Yahoo.com)
Emily hatte einen schweren Unfall (Bild: Yahoo.com)

„Vor fast zwei Jahren geriet ich in einen Autounfall, bei dem Alkohol im Spiel war. Das Auto überschlug sich drei Mal. Diese Narben sind von dem zersplitterten Glas und den zwei Operationen, die darauf folgten. Als ich wieder unter Leute ging, versuchte ich, die Narben zu verstecken, aber das war schwer, denn sie sind überall auf meinem Rücken. Ich mochte sie wirklich überhaupt nicht. Mittlerweile liebe ich sie, denn sie erinnern mich an meinen Kampfgeist und meinen Überlebenswillen. Anfangs wurde mir im Krankenhaus gesagt, dass ich nie wieder laufen können würde. Das Leben, das ich heute führe, kommt mir daher vor wie ein Wunder.“

Anonym

Diese Frau ließ sich aus gesundheitlichen Gründen die Brüste verkleinern (Bild: Yahoo.com)
Diese Frau ließ sich aus gesundheitlichen Gründen die Brüste verkleinern (Bild: Yahoo.com)


„Lange Zeit hatte ich kaum Busen. Dann plötzlich in der Oberstufe hatte ich BH-Größe 85H. Meine riesigen Brüste machten mir beim Sport Probleme. Ständig bekam ich Nackenschmerzen und Migräne. Mein Busen schränkte mich sehr im Alltag ein. Außerdem passte mir meine Kleidung nicht mehr richtig.

Ich fühlte mich einfach schrecklich, also kämpften meine Mutter und ich ganze drei Jahre mit unserer Krankenversicherung für eine Brustverkleinerung. Die betrachtete die Operation als einen rein kosmetischen Eingriff. Eines Tages stimmte die Versicherung dann doch zu den Eingriff zu übernehmen. Seitdem hat sich alles verändert. Anstatt einer 85H trage ich nun eine Körbchengröße 80D.

Meine Brüste sind immer noch ziemlich groß, aber sie bedeuten keine wirkliche Beeinträchtigung mehr. Meine Lebensqualität hat sich merklich verbessert. Und ich habe in all den Jahren, in denen ich mich über Foren mit Frauen mit ähnlichen Problemen ausgetauscht habe, noch nie eine einzige getroffen, die diesen Eingriff bereut hätte. Klar wäre es schön, makellose Brüste zu haben, aber meine Lebensqualität hat sich so stark verbessert, dass die Narben ein verhältnismäßig geringes Opfer waren.“

Sara

Sara macht ihre Narbe sogar ein wenig glücklich (Bild: Yahoo.com)
Sara macht ihre Narbe sogar ein wenig glücklich (Bild: Yahoo.com)


„Diese Narbe entstand vor siebeneinhalb Monaten auf der Intensivstation. Ich ging zur Ultraschall-Untersuchung, weil sich mein Baby in Steißlage befand. Das hatte ich noch nicht bemerkt, da ich zu dem Zeitpunkt bereits Wehen hatte. Vier Zentimeter war ich bereits geweitet und innerhalb von Minuten lag ich im OP-Saal für einen Kaiserschnitt.

Ich hatte Angst, als man mir sagte, dass man einen Kaiserschnitt machen müsse, war aber auch aufgeregt, weil ich wusste, dass ich mein Baby noch am selben Tag im Arm halten würde. Ich hatte keine Wahl. Eigentlich war eine natürliche Geburt geplant gewesen, aber ich habe den Kaiserschnitt dann einfach machen lassen. Es war eigentlich ganz okay. Und ging sehr schnell. Die Heilung war allerdings schmerzhaft. Ich vergesse oft, dass die Narbe da ist, wahrscheinlich, weil man sie unter meiner Kleidung nicht sieht. Wenn ich sie sehe, bin ich eigentlich glücklich, denn sie erinnert mich an mein Baby.“

Victoria

Victoria hatte Glück im Unglück (Bild: Yahoo.com)
Victoria hatte Glück im Unglück (Bild: Yahoo.com)


„Ich bin einmal anderthalb Stockwerke von einer Wendeltreppe heruntergefallen. Ich schlug mit Kopf und Knie auf. Sofort wurde ich ins Krankenhaus gebracht, mit blutenden Ohren und Nase. Für ein paar Stunden lag ich im Koma. Das Sprechen fiel mir zu Anfang schwer. Grammatikalisch hatte ich keine Probleme, aber Worte zu finden dauerte eine halbe Ewigkeit.

Die Narbe an meinem Knie war, gelinde gesagt, wulstig. Narben erinnern uns daran, wo wir überall waren, und was wir überwunden haben. Ich mag die Geschichte hinter meiner Narbe. Und das Leben, dass ich nach dieser Narbe noch leben darf, mag ich umso mehr.“

Natasha

Natashas Narbe entstand durch eine Verbrennung (Bild: Yahoo.com)
Natashas Narbe entstand durch eine Verbrennung (Bild: Yahoo.com)


„Als ich in einem Restaurant in England heißen Tee servierte, wurden meine Finger sehr unempfindlich gegen die Hitze. Es war allerdings keine große Hilfe, dass ich mir eines Tages aus Versehen eine Kanne kochend heißer Soße über meinen Arm schüttete. Dieser weiße Fleck hier ohne Sommersprossen auf meinem Arm war damals eine Brandblase von der Größe einer Faust und mein ganzer Arm war bedeckt mit einem seltsamen Muster gesprenkelter Brandwunden.

Das war vor Obamas Krankenversicherungs-Politik und lange nachdem ich mich über meine Eltern hätte versichern lassen können; medizinischen Rat konnte ich also nur beim Apotheker einholen. Während ich laut weinend und schluchzend vor ihm stand, sagte er mir, dass die Creme zur Behandlung von Verbrennungen in Gang fünf zu finden wäre.“

Tara

Tara stürzte schwer - zurück blieb die Narbe
Tara stürzte schwer - zurück blieb die Narbe


„Als ich vierzehn war, half ich in meiner Schule beim Dekorieren für den Valentinstag. Ich habe eine bestimmte Krankheit, die mich bewusstlos werden lässt, sobald ich Schmerzen habe. Ich habe mich beim Aufhängen aus Versehen gestoßen, wurde bewusstlos und biss mir beim Aufschlag durch die Lippe. Als ich wieder aufwachte, dachte ich erst, dass alles in Ordnung wäre. Stattdessen musste ich ins Krankenhaus und mit 60 Stichen genäht werden.“

Von Kelly Bourdet und Corinne Caputo

Fotos: Sam Nixon

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