"Uli Hoeneß liegt nicht am Boden"

Uli Hoeneß im März 2014 bei seinem Prozess wegen Steuerhinterziehung

Am 13. März 2014 wurde Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. "In München und Bayern ist Hoeneß immer noch ein Held - er hat halt einen Fehler gemacht", ist sich der Autor des Buches "Die Akte Hoeneß: Portrait eines Potentaten" (CBX Verlag, 272 Seiten, 19,95 Euro), Thilo Komma-Pöllath, sicher. Wie er Hoeneß sieht und was er von dem Film "Udo Honig" hält, erklärt er im Interview mit spot on news.

Wie waren die Reaktionen auf Ihr Buch "Die Akte Hoeneß"?

Thilo Komma-Pöllath: Die sind gut gemischt. Bei den Rezensionen gab es pro und contra, viele Kollegen waren zum Teil begeistert. Offen bekundet haben es dann schon weniger, Sportjournalisten lassen sich ungern den Spiegel vorhalten. Mein Anliegen war es, ein Buch zu schreiben, das aufhört mit diesem Befangenheitsverhältnis zwischen Öffentlichkeit, Medien und Fußball. Es sollte ein offenes Buch werden über Fußballberichterstattung in Deutschland und wie Vereine und Personen, siehe Bayern München und Uli Hoeneß, teilweise mit kritischen Medien umgehen. Das Produkt Fußball wird teuer eingekauft und von Millionen bejubelt, es findet fast immer nur eine positive Rückkopplung statt. Da ist es nicht verwunderlich, dass manch ein Akteur die Bodenhaftung verliert...

Was sagen Sie zu Kritikern, die Ihnen vorwerfen, Sie stellen Hoeneß zu negativ dar?

Komma-Pöllath: Die vielen Recherchen im Buch sprechen da ganz ohne mein Zutun für sich. Es gab schon viele Bücher und sehr viel Berichterstattung in den vergangenen 30 Jahren, die es sehr wohlwollend mit ihm gemeint haben. Da hieß es auch nie, er werde zu gut dargestellt. Uli Hoeneß Fußballgott, das hatte religiöse Züge. Ich werfe tatsächlich einen kritischen Blick auf die Person Hoeneß, es ist eine Komplementärlektüre. Ich wollte die Einseitigkeit aufbrechen.

Haben Sie das Gefühl, selbst nach der Verurteilung vor einem Jahr wird Hoeneß von der Öffentlichkeit noch positiv wahrgenommen?

Komma-Pöllath: In München und Bayern ist Uli Hoeneß immer noch ein Held - er hat halt einen Fehler gemacht. Er ist immer noch unglaublich populär und beliebt bei den Fußballfans. In der Allianz Arena wird man kaum jemanden finden, der irgendwas dagegen hätte, dass Hoeneß den FC Bayern bald wieder leitet. Hoeneß liegt nicht am Boden, seine einflussreichen Freunde wie Stoiber, Tönnies oder MP Seehofer halten zu ihm. Wenn er will, kann er wieder alles werden.

Was ist Ihrer Meinung nach Hoeneß' größte Stärke und seine größte Schwäche?

Komma-Pöllath: Naja, die Amplituden seiner Stärken und Schwächen sind schon größer als bei jedem anderen Menschen, den ich kenne. Seine große Stärke ist seine charismatische Art, die große Emotion, mit der er die Leute für sich begeistern kann. Sein zorniges Poltern hat eine große Überzeugungskraft. Auf der negativen Seite ist er ein Süchtiger, der immer noch mehr Anerkennung haben muss, ständig ein Lob-Defizit spürt. Seine größte persönliche Schwäche ist sicher seine Humorlosigkeit und dass er sich als autokrater Clanführer interpretiert, der keinerlei demokratisch-geprägten Widerspruch akzeptiert.

Gerade wurde "Udo Honig - Kein schlechter Mensch" gedreht, eine Satire über das Leben von Hoeneß. Finden Sie es gut, dass seine Geschichte auch in dieser Form aufgearbeitet wird?

Komma-Pöllath: Mein Buch hat ja auch einige satirische oder ironische Züge. Von daher ist das eventuell der richtige Weg, einer Selbstberauschungsinstitution wie dem FC Bayern München und ihrem langjährigen Führer Uli Hoeneß gerecht zu werden. Ich will es kaum glauben, aber vielleicht kann er am Ende ja ein bisschen über sich selbst lachen.