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Max Moor: In Zukunft nur noch Bio-Bauernhof?

Seinen Vornamen hat er von Dieter auf Max ändern lassen - ob sich bei Moderator Max Moor (57, "ttt - titel, thesen, temperamente") in Zukunft auch beruflich etwas verändert und er bald nur noch auf dem Bio-Bauernhof arbeitet, den er zusammen mit seiner Frau betreibt, verriet er im Interview mit spot on news. Zudem spricht er über sein neues Buch "Als Max noch Dietr war - Geschichten aus der neutralen Zone" (rororo, 288 Seiten, 9,99 Euro) - eine fiktive Biografie über seine Kindheit in der Schweiz.

In Ihrem neuen Buch geht es um Ihre Kindheit in der Schweiz. Haben Sie Ihr Zivilverteidigungsbuch noch?

Max Moor: Das aus meiner Kindheit ist natürlich längst verschollen. Aber antiquarisch habe ich noch welche aufgetrieben. Mittlerweile besitze ich sogar vier Zivilverteidigungsbücher und ein Soldatenverteidigungsbuch. Da kann gar nichts mehr passieren.

Sie haben in Ihrer Kindheit jede Menge wichtiger Sachen gelernt: wie man sich gegen Atompilze schützt, wie gut Bungalows mit Asbest und PVC sind, was Privat-Bunker kosten... Haben Sie selbst eine Lieblingsgeschichte in dem Buch?

Moor: Nein, eine Lieblingsgeschichte habe ich nicht. Es ist auch eine fiktive Biografie, keine Lebensbeichte. Aber dieser kleine Junge hat natürlich etwas mit mir zu tun und auch sein Vater hat etwas mit meinem Vater gemein. Diese Grundmentalität damals hat sich mir sehr stark eingeprägt. Darin lag einerseits viel Angst: Kalter Krieg, Atombombe usw. Auf der anderen Seite gab es einen fast unbegreiflichen Optimismus in den 60er Jahren: Wenn man das geeignete Mäuerchen findet, kann man alles überleben, selbst einen Atombombenangriff. Dazu kamen unzerreißbare Nylonstrümpfe und Menschen, die auf dem Mond spazieren gehen - alle Probleme der Welt schienen irgendwie lösbar. Diese Mentalität hielt sich bei mir bis Anfang 20. Ich war lange sehr naiv und dachte, wenn meine Generation an der Macht ist, dann gehört die Welt uns und dann kann man sie so machen, wie sie sein muss.

Und wie ist es heute?

Moor: Ich muss richtig aufpassen, um nicht zynisch zu werden. So wie der kleine Dietr merkt, dass es den Osterhasen nicht gibt und daraus schlussfolgert, dass auch das mit dem Christkind und dem Nikolaus nicht so richtig stimmen kann, gab es eine Kette von Desillusionierungen - zum Beispiel, dass trotz Entwicklungshilfe und hoher Spendenbereitschaft der Hunger auf dieser Welt nicht weniger wird. Aber ich bin dankbar, wenn Menschen etwas Großartiges tun und dann denke ich wieder: Es ist doch nicht alles verloren.

Werden Sie immer noch nervös, wenn Sie Polizisten sehen?

Moor: Nein, das ist Gott sei Dank vorbei. Die Polizisten heute verhalten sich aber auch anders. Damals war ein Polizist eine Autoritätsperson, auch wenn es ein Trottel war. Irgendwann kam dann aber ein Umdenken. Letztendlich ist das eben eine Dienstleistung. Bei Verkehrskontrollen bin ich immer sehr höflich behandelt worden. Daher habe ich auch kein Herzklopfen mehr. Es gibt also doch noch Hoffnung und positive Veränderungen.

Ihr Vater war - wie im Buch - tatsächlich Versicherungsvertreter. War er überfürsorglich?

Moor: Mein Vater hat in dieser Hinsicht schon Ähnlichkeit mit Geeri. Er hat in seinem Beruf Tausende von Tragödien mitgekriegt. Wenn man weiß, was alles passieren kann, erfüllt einen das mit Sorge. Dazu kam der zu dieser Zeit vorherrschende Optimismus und so war seine Überzeugung: Man muss es einfach nur richtig machen, dann passiert nichts. In der Schule gehörte ich zu den eher feigen Jungs, weil ich vor so vielen Dingen gewarnt wurde, dass ich allen Gefahren aus dem Weg ging.

In dem Buch schreibt Dietr auch, er sei der erste Schweizer gewesen, der erkannt hat, dass Neutralität blöd ist. Was ist in der Schweiz noch nicht ganz optimal?

Moor: Die Schweiz ist wie ein Mensch, der sich nicht mit sich selbst auseinandersetzt. Und das meine ich nicht böse. Die Schweizer hätten viele Gründe, stolz zu sein. Das sind sie aber nicht - vielleicht aus Angst, dass man sich dann auch mit den negativen Seiten der Geschichte auseinandersetzen müsste. Lieber flüchtet man sich in Klischees, wirft sich in die Uniform von Wilhelm Tell oder wird nicht müde zu betonen, dass die Schweizer Banken die besten der Welt sind. Das finde ich sehr schade. Die Schweizer haben ihre Identität nicht gefunden. Dabei könnte das Land ein Vorbild sein: mit vier Landessprachen, völlig verschiedenen, großartigen Mentalitäten, von den hintersten Bergwäldern bis hin in das einigermaßen urbane Zürich. Es gibt unterschiedlichste Wirtschaftsmodelle vom Bergbauern bis zur Hightech-Industrie. Das föderale System der Schweiz ist zudem fast eine EU im Kleinstformat.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Wahlheimat Brandenburg?

Moor: Ich liebe die Weite, den Platz den es da gibt und das Gefühl, dass man noch was tun kann. In der Schweiz hätten wir keine Chance gehabt, einen Bauernhof zu eröffnen und zu betreiben. Ich spüre aber auch langsam eine Verschweizerung in den Dörfern um Berlin herum, die Mikrowirtschaft wird langsam, aber sicher abgewürgt. Aber es gibt sie noch und das wirkt sich auch auf die Mentalität aus. Es wird weniger gejammert und mehr gemacht.

Haben Sie Ihre deutsche Staatsbürgerschaft inzwischen?

Moor: Ich bin immer noch kurz davor. Ich bräuchte nur noch zwei, drei Amtsgänge, zu denen ich im Moment nicht komme. Ich bin ganz alleine schuld, das liegt an keinem Amtsschimmel.

War es ein großer Aufwand, Ihren Vornamen ändern zu lassen?

Moor: Wenn man Künstlerstatus hat, ist das kein Aufwand. Ich habe ein staatlich anerkanntes Schauspieldiplom und dann geht das relativ formlos und einfach.

Ist es für Sie eine Zukunftsperspektive, irgendwann nur noch auf dem Bauernhof zu arbeiten?

Moor: Das ist immer noch das Ziel, aber es ist schwieriger zu erreichen, als ich vermutet hätte. Die Medienwelt hat ein Ablaufdatum. Irgendwann kommt der Tag, an dem mir gesagt wird, dass es da noch ein paar jüngere Kollegen gibt, die auch gut sind... Es wäre natürlich schön, wenn bis dahin der Bauernhof so stabil ist, dass er uns ernährt. Die Bodenpreise sind allerdings so explodiert, dass man nicht mehr expandieren kann, ohne sich selbst zu ruinieren. Da kämpfen wir ein bisschen gegen die internationale Finanzwirtschaft an.