Slow Sex – besser als schnell?

Der Erotik-Roman „Shades of Grey" der Amerikanerin E.L. James sorgt gerade mit seinen handfesten SM-Szenen für weltweiten Wirbel — und einen knallharten Bestseller. Für eine erfüllte Sexualität rät (S)Expertin Diana Richardson jetzt aber zu Slow Sex — anstelle von Quickies und schnell abgearbeiteten Porno-Stellungen. Damit meint die Fachfrau jedoch nicht unbedingt Blümchensex. Die Entschleunigung, so Richardson, sei das Schlüsselwort und sorge für mehr Freude beim Liebemachen.

Slow Sex – besser als schnell? (Bild: thinkstock)
Slow Sex – besser als schnell? (Bild: thinkstock)


Vorgetäuschte Orgasmen bei Ihr, Errektionsstörungen bei Ihm und unrealistische Erwartungen an den Liebesakt: Frust wie dieser ist in vielen Schlafzimmern an der Tagesordnung und stellt nicht selten die gesamte Beziehung in Frage. In ihrem Buch „Slow Sex — Zeit finden für die Liebe" sowie auf der gleichnamigen DVD regt Diana Richardson zur Entschleunigung auf ganzer Linie an. Wie das geht, unterrichtet sie auch in ihren einwöchigen „Making Love Retreats", die sie rund um den Globus zusammen mit ihrem Partner Michael gibt.

Schon Jugendliche, die selbst noch gar keinen Sex hatten, haben durch Zeitschriften, Filme und das Internet genaue Vorstellungen, wie es im Bett zugehen sollte. In ihrem Kopf spielen sich Szenen von waghalsigen Stellungen und überbordenden Orgasmen ab, die wenig mit der Realität zu tun haben. Auch die Idealbilder von makellosen Körpern sind durch die Medien geprägt. An der Stelle von spielerischem Entdecken stehen hohe Erwartungen. Wenn sie nicht erfüllt werden, stellt sich Frust ein, so erklärt unsere Expertin. Also versuchen Sie, diese Bilder loszuwerden. Nicht nur anderem beim Sex zuzuschauen und dann zu denken: „Oh, das muss ich auch unbedingt ausprobieren!"
Fangen Sie stattdessen an darauf zu achten, wie Ihr Partner auf Ihre Berührungen reagiert, in welchen Momenten Er oder Sie einen Schauer bekommt und ganz offensichtlich mehr von dem möchte, was sie gerade gestartet haben…

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Ein großes Problem sei außerdem, darauf weist Sexratgeberin Diana Richardson hin, dass viele Menschen zu sehr auf den Orgasmus fixiert seien. Bei Männern erzeuge der Anspruch, eine Erektion haben zu müssen und dann möglichst lange „zu können", extremen Erfolgsdruck, dem sich viele nicht gewachsen fühlen, meint Richardson. Versagensängste sind die Folge. Viele Frauen spielen einen Orgasmus vor, um den Erwartungen des Mannes zu genügen oder einfach, um dem ungeliebten Liebesakt ein schnelleres Ende zu setzen.

Der Ausweg aus dem Dilemma besteht für die Sex-Fachfrau darin, an der eigenen Einstellung zu arbeiten. Dabei findet Diana Richardson, dass der Höhepunkt nicht zwingend zum Sex gehört. Man sollte sich klarmachen, dass ein Orgasmus zwar stattfinden könne, aber nicht dazu gehören müsse. Ein erster Schritt zu einem neuen Sex-Verständnis: Die alten Vorstellungen über Bord werfen und den eigenen Körper und den des Partners spüren. Guter Sex ist immer ein Raum des freien und freiwilligen! Die Protagonistin Ana aus dem Erotik-Erfolgsbuch „Shades of Grey" lässt sich mit ihrem Partner auf SM-Spiele ein und erfährt so ihre absoluten Höhepunkte. Was die beiden jedoch dabei beachten, ist die Wünsche des Anderen in Erfahrung zu bringen.

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Sie müssen sich ja nicht gerade den Hintern versohlen lassen, um zur vollkommenen Hingabe mit und zu maximalem Vertrauen zu ihrem Partner zu gelangen. Im Moment zu leben und alles einfach auf natürliche Weise geschehen zu lassen, ist laut Diane Richardson der Schlüssel zu einer wirklich erfüllenden, individuellen Sexualität. Langsamer und weniger mechanisch wird der Sex dann von ganz alleine.

Ein Vorteil von Slow Sex ist auch, dass viel weniger Energie nötig ist als für das herkömmliche, orgasmusfixierte Herumgeturne. „Zu müde" muss kein Grund mehr sein, um sich voller Liebe dem Partner hinzugeben, denn diese neue Form der Zärtlichkeit basiert auf Entspannung. Für Diane Richardson, die sich auf einer Indien-Reise erstmals nähere Gedanken über ihre eigene Sexualität machte, ist Sex etwas, was Liebe hervorbringt und steigert. Und das Beste, davon ist sie fest überzeugt: Liebe entsteht, bleibt und wächst bei einem erfüllten Sexleben ganz von selbst.