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Kinderlärm: Was müssen Nachbarn dulden?

Kinder toben, lachen, weinen, streiten - Jugendliche hören laut Musik oder feiern bis spät in die Nacht. Immer wieder kommt es deshalb zu Streit zwischen Familien und deren Nachbarn. Wie laut dürfen Kinder sein? Müssen Ruhezeiten eingehalten werden? Welche Maßnahmen können genervte Nachbarn ergreifen? Rechtsanwältin Tanja Leopold von der Deutschen Anwaltshotline klärt auf.

Wie viel Kinderlärm müssen Nachbarn dulden? (Foto Thinkstock)
Wie viel Kinderlärm müssen Nachbarn dulden? (Foto Thinkstock)

Fall 1: Nachts gegen halb zwei brüllt die fünf Monate alte Lara 20 Minuten lautstark. Die Mutter kann sie nur schwer beruhigen. Inzwischen weint das Baby die fünfte Nacht in Folge. Die Nachbarn fühlen sich in ihrer Nachtruhe gestört. Wer ist im Recht, die jungen Eltern oder die Nachbarn?

Tanja Leopold: Unser Mietrecht ist kinderfreundlicher als die meisten wissen. Bei Babys und Kleinkindern ist das Recht auf Seiten der Familien. Kinder haben nun einmal keinen „Aus-Knopf" und gerade von sehr kleinen Kindern kann man auch keine Einsicht und kein Verständnis für genervte Nachbarn erwarten. In diesem Fall sind also ganz klar die Eltern im Recht. Die Nachbarn müssen die Situation hinnehmen, ob sie wollen oder nicht. Um des lieben Friedens willen können die Eltern versuchen den Nachbarn zu erklären, warum Lara derzeit nachts weint und um Verständnis bitten. Bestimmt ist das nur eine Phase, die sich in absehbarer Zeit wieder ändern wird.

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Fall 2: Sonntagmorgen, 6 Uhr, der eineinhalb jährige Pascal ist längst wach und dreht mit dem Bobbycar begeistert Runde um Runde um die Wohnzimmercouch. Ein junges Pärchen in der darunterliegenden Wohnung ist genervt. Sie wollen am Wochenende ausschlafen und verlangen von der Familie einen dicken Teppich zu verlegen!

Tanja Leopold: Kinder haben das Recht in ihrer Wohnung zu spielen. Wenn sie toben, hüpfen oder Quatsch machen, kann es natürlich auch lauter werden. Nachbarn müssen diese Art von „Krach" tolerieren, denn das Spielbedürfnis der Kinder hat Vorrang. Allerdings muss Pascal am Sonntagmorgen um 6 Uhr nicht gerade mit dem Bobbycar oder einem anderen holperndem Fahrzeug durch das Wohnzimmer fahren. Das geht möglicherweise über den tolerierbaren Lärmpegel hinaus. Hier sind die Eltern angehalten, dafür zu sorgen, dass Pascal das Bobbycar fahren - zumindest in den frühen Morgenstunden - unterlässt. Sind die Eltern wenig einsichtig und die Geräusche aus der Wohnung sehr laut, kann das Nachbar-Pärchen mit einem speziellen Gerät den Kinderlärm messen. Wenn ein gewisser Lärmpegel überschritten wird, wird das Paar damit vor Gericht Recht bekommen. Pascals Eltern müssten dann zumutbare Maßnahmen gegen die Lärmbelästigung ergreifen. Das kann dann auch ein dämmender Teppich sein.

Fall 3: Die 13 jährige Nina und ihre Freundinnen sind in Partylaune. Gleich nach der Schule gegen 13 Uhr machen sie es sich auf dem Balkon gemütlich. Sie kichern, grölen und hören laut Musik. Das Rentnerehepaar in der Wohnung nebenan verlangt, die Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr einzuhalten!

Tanja Leopold: Es gibt keine bundeseinheitlichen gesetzlich bindenden mittäglichen Ruhezeiten. Gemeinden können aber entsprechende Verordnungen erlassen. Viele Mietshäuser haben auch in ihrer Hausordnung Ruhezeiten festgelegt. Diese sind meist von 13 bis 15 und von 22 bis 7 Uhr. Daran sollten sich die Mieter halten. Trotzdem müssen auch in dieser Zeit Kinder und Jugendliche nicht mucksmäuschenstill sein. Nina darf mit ihren Freundinnen reden, lachen und eine gute Zeit haben. Aber mit 13 Jahren sollte sie verstehen, dass grölen und laute Musik die Nachbarn gerade in der Mittagszeit stört. Sieht Nina das nicht ein, kann das Rentnerehepaar nichts tun. Nur wenn auch hier der zumutbare Lärmpegel überschritten werden würde, könnte das Rentnerpaar eine Unterlassungsverpflichtung oder ein Bußgeld erwirken. Grenz- und Richtwerte für Lärm ergeben sich dabei aus zahlreichen Vorschriften. Höchstwahrscheinlich werden Nina und ihre Freundinnen aber nicht so laut sein, dass sie die zumutbare Grenze überschreiten. Eltern sollten ihre Kinder deshalb frühzeitig zur Rücksichtnahme gegenüber ihren Mitmenschen erziehen, auch wenn das Recht oft auf Seite der Familien ist.

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Fall 4: Leon wird 16, das muss gefeiert werden - bis weit nach 1 Uhr. Aus dem Partykeller wummern die Bässe der Musik. Die Nachbarn sind nahe dran, die Polizei zu rufen. Wer ist im Recht?

Tanja Leopold:
Hier ist der Gesetzgeber ganz klar auf der Seite der Nachbarn. Nach 22 Uhr gilt laute Partymusik als Lärmbelästigung. Wenn die Nachbarn die Polizei rufen, wird die Polizei mit Leon sprechen und ihn auffordern, die Musik leiser zu drehen. Muss die Polizei ein zweites Mal kommen, muss Leon bzw. seine Eltern ein Bußgeld bezahlen. In vielen Gemeinden gibt es aber eine gesetzliche Regelung, die besagt, dass jeder Haushalt einmal im Jahr das Recht hat zu feiern. Dann muss die Rechtslage von Fall zu Fall geklärt werden. Besser ist es aber immer alle Nachbarn vorher über die anstehende Party zu informieren, dann werde sie sicher auch Verständnis haben.