Mister Right finden: Helfen Spielchen wirklich weiter?

Der Ratschlag "Willst du was gelten, mach dich selten" ist so etwas wie ein Dauerbrenner im Dating-Zirkus. Aber was ist wirklich dran, am "hard-to-get"-Effekt (auf Deutsch: schwer zu bekommen)? Lässt sich Mr. Right nur mit Spielchen erobern oder verzocken wir sogar unser Liebesglück?

"Er liebt mich, er liebt mich nicht...": Wissen wir nicht, wie der andere uns findet, kann ihn das attraktiver für uns machen (Bild: thinkstock)
"Er liebt mich, er liebt mich nicht...": Wissen wir nicht, wie der andere uns findet, kann ihn das attraktiver für uns machen (Bild: thinkstock)


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Der sogenannte "hard-to-get"-Effekt besagt, dass Menschen das, was sie nur schwer bekommen können, umso mehr wollen. Je knapper und unerreichbarer ein Gut, desto mehr Aufwand betreiben wir, um es zu kriegen. Und das gilt bei weitem nicht nur für die dauerausverkauften Schuhe oder die limitierte Lippenstift-Edition, sondern auch in der Liebe. Doch wie effektiv ist es eigentlich, "hard to get" zu sein? Sind Strategien wie das "Ich-warte-bis-der-andere-anruft"-Spielchen sinnvoll oder sollte man lieber von Beginn an mit offenen Karten spielen, um nicht vergeblich auf das falsche Pferd zu setzen? Wir stellen zwei unterschiedliche Sichtweisen vor.

PRO: Er liebt mich, er liebt mich nicht... Unsicherheit kann die Anziehung steigern
Viele haben folgendes Szenario bestimmt schon selbst erlebt: Lernen wir jemanden kennen, der uns unmissverständlich signalisiert, wie sehr er uns mag, wird uns dieser Jemand höchstwahrscheinlich weniger beschäftigen, als derjenige, der uns über seine Gedanken und Gefühle uns gegenüber im Unklaren lässt und sich bedeckt hält. Kann man also die eigene Attraktivität und das Interesse des anderen steigern, indem man vorgibt, selbst keines zu haben?

Was absurd klingt, beschäftigt jedoch auch die psychologische Forschung. So vermuten die Wissenschaftlerin Erin Whitchurch und ihre Kollegen, dass eine Unsicherheit darüber, wie das Gegenüber uns findet, das eigene Interesse und die Anziehung steigert. Um diese Hypothese zu untersuchen, haben sie ein Experiment durchgeführt, an dem 47 Studentinnen der University of Virginia teilnahmen. Sie stimmten zu, dass ihr Facebook-Profil von männlichen Studenten anderer Universitäten angesehen und hinsichtlich der Attraktivität bewertet werden durfte. Anschließend sollten die Frauen selbst vier der Männer beurteilen.

Hierbei gab es drei Bedingungen, in denen das Feedback der Männer variiert wurde: Den Frauen wurde entweder gesagt, die Männer hätten sie a.) von allen Frauen am attraktivsten eingeschätzt oder b.) lediglich als durchschnittlich attraktiv eingestuft. Die dritte Gruppe hingegen wurde im Unklaren darüber gelassen, wie sie von den Männern bewertet wurde.

Erwartungsgemäß fühlten sich die Frauen mehr zu Männern hingezogen, von denen sie annahmen, dass sie sie besonders positiv eingeschätzt hatten im Vergleich zu jenen, die eine lediglich durchschnittliche Bewertung vorgenommen hatten. Interessanterweise fiel das Attraktivitätsurteil der Frauen jedoch am höchsten bei jenen Männern aus, von denen sie nicht sicher sein konnten, wie sie zu ihnen standen. Weitere Analysen konnten zeigen, dass die Teilnehmerinnen in der Unsicherheitsbedingung deutlich mehr über die Männer nachdachten als in den anderen Gruppen und daraus eine größere Anziehung zu folgern sei.

Auch wenn einschränkend zu sagen ist, dass die Studie lediglich mit Frauen durchgeführt wurde und möglicherweise nicht eins zu eins auf Männer übertragbar ist, so scheinen die Ergebnisse dennoch nahe zu legen, dass es wirksamer sei, den Eindruck von "hard to get" zu vermitteln statt Zuneigung zu offen zu bekunden, um das Interesse des Objekts der Begierde zu wecken und zu steigern.

Doch welchen Effekt hat diese Strategie langfristig? Ist es wirklich sinnvoll, sich mit Spielchen aufzuhalten, zu taktieren und etwas vorzugeben, das nicht der Realität entspricht, wenn man auf der Suche nach einer auf Ehrlichkeit basierenden Beziehung ist?

CONTRA: Wer "schwer zu bekommen" spielt, wird auch Mr. Right nur schwer bekommen
Eine Frage, die der Psychiater Dr. Amir Levine und die Sozialpsychologin Rachel Heller definitiv verneinen würden. In ihrem Buch "Attached: The New Science of Adult Attachment and How It Can Help You Find — and Keep — Love" wollen sie vor dem theoretischen Hintergrund der Bindungswissenschaft mit diversen Dating- und Beziehungsmythen aufräumen. Lange Zeit insbesondere in der Kinderpsychologie erforscht, ist die Bindungswissenschaft auch im Erwachsenenalter ein äußerst wichtiges Thema, wenn es um das Verhalten in Liebesbeziehungen geht.

Die Bindungstheorie unterscheidet im Wesentlichen zwischen drei Bindungsstilen: Sicher gebunden, ängstlich und vermeidend. Diese Stile bestimmen, wie wir uns in Beziehungen verhalten, wie wir Intimität wahrnehmen und damit umgehen. Während sicher gebundene Menschen Nähe ohne Probleme zulassen können, ist der ängstliche Bindungsstil durch ständige Verlustangst und die Sorge, der Partner könne die Liebe nicht erwidern, gekennzeichnet. Der vermeidende Typ hingegen hat ein großes Autonomie-Bedürfnis und hält den Partner stets auf Abstand. Das Wissen über den eigenen und den Bindungsstil eines potentiellen Partners ist für die Suche nach Mr. oder Ms. "Perfect Match" also eine äußerst wertvolle Information.

Die üblichen Spielchen — vorzugeben, man sei beschäftigt oder hätte kein Interesse — sind nach Meinung der Autoren bei der Suche nach einem Partner, der zu einem passt, nicht nur hinderlich, sondern auch ein ziemlich sicherer Weg, den Falschen (höchstwahrscheinlich nämlich jemanden mit einem vermeidenden Bindungsstil) anzuziehen, wie sie im Blog zu ihrem Buch ausführen. Wer beispielsweise eine stabile und beständige Beziehung sucht und einen Partner, der einen glücklich machen kann, läuft damit vielmehr Gefahr, jemanden erobern zu wollen, der möglicherweise Probleme mit Nähe hat und langfristig diese Bedürfnisse nicht erfüllen kann.

Wer Spielchen spielt, wird nur schwer rausfinden, ob der andere zu einem passt (Bild: thinkstock)
Wer Spielchen spielt, wird nur schwer rausfinden, ob der andere zu einem passt (Bild: thinkstock)

Levine und Heller wollen das Missverständnis ausräumen, dass es nötig sei, Spielchen zu spielen, um einen potentiellen Partner für mich zu gewinnen. Vielmehr sieht die Realität so aus, dass ich wahrscheinlich genau die falsche Person anziehe, wenn ich mich in einer Art und Weise verhalte, die im Grunde nicht meinem Naturell entspricht. Wichtiger sei es, so die Autoren, von Beginn an seine Bedürfnisse und Wünsche zu kommunizieren statt sich mit nervenaufreibenden Spielchen aufzuhalten, die am Ende sehr wahrscheinlich nirgendwohin (außer vielleicht zu einem gebrochenen Herzen) führen.

Fazit: Sich rar zu machen, bedeckt zu halten und den anderen über unsere Gefühle im Dunkeln zu lassen, mag auf den ersten Blick eine verlockende — und auch aufregende — Strategie sein, das Interesse des anderen zu wecken und die eigene Anziehungskraft zu steigern. Zudem mögen sich Spielchen dieser Art vielleicht als effizient erweisen, wenn es darum geht, das Interesse des anderen auszuloten oder — anders formuliert — die Spreu vom Weizen, also die Personen mit ernsten von denen mit weniger ernsten Absichten, zu trennen. Dennoch sollte man sich darüber im Klaren sein, was man wirklich sucht und will. Eine Person dadurch erobert zu haben, indem man vorgibt, etwas zu sein, das man nicht ist, mag für den Moment aufregend sein — aber passt dieser Jemand auch wirklich auf lange Sicht zu mir? Wahrscheinlich nicht!

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