Der Orkan im Kopf

Es gibt vermutlich keinen Menschen, der nicht schon mal darunter gelitten hat: Kopfdruck beim Wetterwechsel, ein dumpfer Schmerz nach einer feucht-fröhlichen Party oder aber eine sekundenlange Migräne-Attacke. Viele haben sich sogar schon daran gewöhnt, dass ihnen der Schädel brummt. Doch was steckt dahinter? Am 5. September ist Weltkopfschmerztag. Ärzte, Schmerzforscher und Selbsthilfegruppen haben diesen Tag ausgerufen, um die Betroffenen über neue Therapien, Heilungschancen und Ursachen aufzuklären. Und Aufklärung ist bitter nötig, denn Kopfschmerzen gehören zur Volkskrankheit Nummer Eins. In Deutschland leidet jeder Dritte regelmäßig oder sogar ständig unter Spannungskopfschmerzen, jeder Zehnte unter Migräne! Doch wie entstehen diese Schmerzen und was können Sie dagegen tun?

Spannungskopfschmerzen

Die Schmerzen beginnen im verspannten Nacken und legen sich langsam wie ein Band um den Kopf? Dann leiden Sie unter Spannungskopfschmerzen. "Das häufige Konsumieren von alkoholischen Getränken und Kaffee, Rauchen und wenige körperliche Aktivitäten standen signifikant mit dem Auftreten von Spannungskopfschmerzen in Zusammenhang", so Dr. Stefanie Förderreuther, Generalsekretärin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Eine schlechte und eine gute Nachricht also: Die Schmerzen können vermieden werden, aber nur, wenn das exzessive Partyleben stark eingeschränkt oder am besten ganz aufgegeben wird. Allerdings gehören auch physischer und psychischer Stress, dauerhafter Lärm, Sauerstoffmangel und tatsächlich auch der Wetterwechsel zu den Auslösern. Oft hilft also auch schon ein langer Spaziergang, ein bisschen Sport oder ein ruhiges Wochenende, um den fiesen Kopfschmerzen den Garaus zu machen. Eine weitere Motivation also doch mal um Punkt das Büro zu verlassen und sich endlich auch mal zum Yoga anzumelden.

Migräne

Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit und manchmal sogar Wahrnehmungsstörungen: So sehen die fiesen Begleitsymptome der Migräne aus. Doch ganz im Gegensatz zu Spannungskopfschmerzen handelt es sich hier um eine neurologische Erkrankung, die nicht alleine durch einen vernünftigen und gesunden Lebensstil wieder verschwinden wird. Die gute Nachricht: Ein internationales Forscherteam hat ein Risikogen für die gewöhnliche Migräne entdeckt. "Zum ersten Mal ist es uns gelungen, das Erbgut tausender Menschen genauer in Augenschein zu nehmen und genetische Aufschlüsse zu finden, um die gewöhnliche Migräne zu verstehen", sagte Aarno Palotie vom britischen Wellcome Trust Sanger Institute im Fachblatt "Nature Genetics". Das Migräne-Gen ist vermutlich an der Regulierung des Nervenbotenstoffs Glutamat im Hirn beteiligt. Der Migräne-Kopfschmerz wird der Studie zufolge möglicherweise von einem Glutamat-Überschuss an den Synapsen ausgelöst, den Kreuzungen von Nervenbahnen - also von einer Art Datenstau auf der Hirnautobahn. Normalerweise kommandiere die entdeckte DNA-Variante ein spezielles Eiweiß als Staulöser zum Einsatzort ab, erläutern die Forscher. Bei Menschen mit Migräne werde dieser Befehl aber offensichtlich nicht ausgeführt.

Vorbeugung der Attacken

Leider wird es wohl noch ein paar Jahre dauern, bis es den Ärzten dann hoffentlich gelingt, Migräne als solche perfekt zu behandeln. Bis dahin gilt es, den Attacken vorzubeugen. Die Auslöser können dabei ganz viele Ursachen haben. Zu den häufigsten zählen Stress Schlafentzug, hormonelle Schwankungen und leider auch Sex. Auch wenn der Weg um individuelle Medikamente leider fast unmöglich ist, lassen sich die gemeinen Attacken doch mit einem geregelten Schlafrhythmus, Entspannungsübungen und einem strikten Ernährungsplan wenigstens minimieren.

Clusterkopfschmerzen

Die Clusterkopfschmerzen gelten als die schlimmste Form aller Kopfschmerzen überhaupt. Der Schmerz beginnt meist hinter einem Auge, Betroffene vergleichen das Gefühl oftmals mit dem Stich eines glühenden Messers, und führt zum Tränen des Auges und zum Laufen der Nase. Clusterkopfschmerzen treten oft im Frühjahr und im Herbst in Attacken auf. Männer erkranken fünfmal häufiger als Frauen. Es gibt mehrere Experten-Meinungen zur Ursache dieser quälenden Krankheit. Die beiden wahrscheinlichsten Theorien: eine Entzündung der erweiterten Blutgefäße im Gehirn oder eine Fehlregulation biologischer Rhythmen. Immerhin können Betroffene neuen Attacken entgegenwirken, indem sie auf Alkohol, Nikotin, Flimmerlicht durch Fernsehen oder Computer und körperliche Anstrengung verzichten.

Neue Therapieformen

Bislang war Ihnen Botox wahrscheinlich nur als gesichtsverzerrendes Anti-Falten-Mittel der Hollywood-Damen bekannt. Doch genau dieses Nervengift soll bei der Behandlung von Kopfschmerzen Wunder wirken. Schmerzspezialist Professor Hans-Christoph Diener vom Universitätsklinikum Essen hat gemeinsam mit einem US-Kollegen belegen können, dass das Nervengift die Zahl der Migräne-Tage pro Monat deutlich reduziert. "Die Behandlung der chronischen Migräne mit Botox wird Anfang 2011 in Deutschland zugelassen werden", sagte Diener gegenüber Yahoo! Lifestyle. Botox soll übrigens auch bei Spannungskopfschmerzen helfen. Das Nervengift wird in die verspannte Nackenmuskulatur gespritzt und sorgt so zur Entkrampfung. Gegen Clusterkopfschmerzen kann das Gift leider nichts ausrichten, doch hier wird seit geraumer Zeit zur Milderung die Sauerstofftherapie angewandt. Durch Einatmung des Sauerstoffs wird eine deutliche Reduzierung des Schmerzes erreicht.

Verhaltenstherapie gegen Migräne

"Alle Kopfschmerzen haben auch psychische Ursachen", sagt Professor Diener zu Yahoo! Lifestyle. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Wissenschaftler der Ohio University in den USA nun herausgefunden haben, dass sich eine schwere Migräne besser lindern lässt, wenn die Betroffenen zugleich psychologisch betreut werden. Demnach können Patienten, die an einer Verhaltenstherapie teilnehmen, ihre Migräne besser in den Griff bekommen. Am größten sei der Effekt bei Studienteilnehmern gewesen, die vor Behandlungsbeginn das Gefühl hatten, ihren Zustand wenig kontrollieren zu können. Sie waren insgesamt außerdem überzeugter davon, dass sie die Kopfschmerzen mit ihrem Verhalten beeinflussen können und gingen weniger davon aus, dass Migräne vorwiegend zufällig entsteht oder Schicksal ist.

Was ist die beste Medizin gegen Kopfschmerzen? Das sagt die Clever-Community!

Bilder: Thinkstock

Autor: Hannah Klaiber