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Wenn Paare Eltern werden

Eine Familie zu gründen, ist etwas Wunderbares. Die zukünftigen Eltern sind überglücklich, perfekt informiert und bestens organisiert. Doch was erwartet ein Paar wirklich, wenn das Baby erst da ist? Neben dem Glück über das gemeinsame Kind wird die Liebesbeziehung der frischgebackenen Eltern im neuen Alltag auf eine harte Probe gestellt.

Erwachsene müssen erst in ihr Elternsein hineinwachsen, davon ist Familiencoach Michaela Sauer überzeugt. Sie sagt: „Das Leben als Familie will gelernt sein!". In Ihrem Beziehungsratgeber für Eltern „Ein Kind ändert alles" (Goldegg Verlag) zeigt die Expertin und zweifache Mutter wie man Liebesglück und Familienglück dauerhaft kombinieren kann. Für Yahoo! Lifestyle beantwortet sie die wichtigsten Fragen.

Ein neuer Lebensabschnitt beginnt (Foto: Thinkstock)
Ein neuer Lebensabschnitt beginnt (Foto: Thinkstock)

1. Frau Sauer, wie stellen sich viele Paare, die ihr erstes Kind erwarten, das zukünftige Familienleben vor?

Michaela Sauer: Die meisten Babys unserer Zeit sind geplant. Sie kommen als richtige Wunschkinder zur Welt. Je mehr ein Paar das Kind als Erfüllung seines Wunsches sieht, um so eher läuft es Gefahr, das künftige Familienleben mit rosaroter Brille zu sehen: Die werdenden Eltern sehen dann nur das Schöne an einem Kind, alles andere blenden sie aus.

Natürlich erfüllt ein Kind das Herz seiner Eltern wie nichts anderes und es ist eine wahnsinnige Bereicherung im Leben zweier Erwachsener. Gleichzeitig stellt dieses Kind das Leben seiner Eltern aber erst einmal komplett auf den Kopf! Werdende Eltern müssen die Vorstellung zulassen, dass es auch schwierige Momente geben kann und darf.

Sollten Sie als kinderloses Paar denken, dass alles nur eine Frage der Organisation und des richtigen Planens ist, dann werden Sie ganz sicher überrascht werden! Ihr Schatz wird ihnen fast täglich beweisen, dass er keine Lust hat sich nach Ihren Vorstellungen zu richten. Ihr Baby kennt nur eines und dass sind seine eigenen Bedürfnisse!

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2. Mit der Geburt des Kindes wird der Partner für die frischgebackene Mutter erst einmal die „zweite Geige" spielen. Kann man das vermeiden oder muss der Partner die Ausnahmesituation akzeptieren?

Michaela Sauer: Väter spielen tatsächlich für die erste Zeit die sogenannte „zweite Geige". Die Mutter wird mit Sicherheit erst einmal nur für ihr Baby da sein wollen, von dem es auch gebraucht wird. Diese Aufgabe fordert Mamas zu 100 Prozent. Das muss der Partner akzeptieren.

Um diese Ausnahmesituation als Paar gut zu überstehen, kann von beiden Seiten einiges dazu beigetragen werden. Für die Frau sind die ersten Wochen eine sehr kräfteraubende Phase. Der Mann kann seiner Frau in dieser Zeit viel Gutes tut: Eine Nackenmassage, ihr etwas zu trinken bringen, wenn sie stillt, sich unaufgefordert um den Haushalt kümmern. Je mehr Unterstützung eine Frau in der ersten Zeit erfährt, umso weniger erschöpft wird sie sein und das wirkt sich positiv auf die Familienstimmung aus.

Außerdem sollte der frischgebackene Papa so oft wie möglich für sein Kind da sein, dann wird er sich integriert und nicht ausgeschlossen fühlen.

Jungen Mamas kann ich nur raten: Geben Sie Verantwortung ab, lassen Sie auch Ihren Partner viel machen! Auch er kann wickeln, füttern, das Baby baden und es in den Schlaf singen. Und er darf das auch anders machen als Sie. Sie als Mama müssen es nur aushalten können, Ihr Baby auch einmal weinen zu hören und sich NICHT einzumischen!

Wenn es Ihnen gelingt, dass Sie und Ihr Partner sich in Ihrer neuen Rolle als Mutter bzw. Vater gleichwertig sehen, dann wird sich auch Ihr Mann nicht vernachlässigt fühlen.

3. Wie schafft es ein junges Elternpaar trotz Kind auch Liebespaar zu bleiben?

Michaela Sauer: Die Gefahr ist tatsächlich sehr groß, dass sich plötzlich alles nur noch um das Kind dreht. Als Eltern müssen Sie sich aber unbedingt weiterhin auch noch als Liebespaar sehen, empfinden und wichtig nehmen und die Paar-Bedürfnisse nicht permanent denen der Elternrolle unterordnen.

Wenn Sie sich in den „Familienstrudel" hineinziehen lassen, werden Sie sich irgendwann als Paar verlieren.

Natürlich haben Sie als Eltern immer viel um die Ohren, aber ich kann Ihnen nur raten: Nehmen Sie sich immer wieder eine Paarzeit! Wenn Ihr Kind noch sehr klein ist, kann das auch ein besonders schön gestaltetes Abendessen mit einem ungestörten Gespräch Zuhause sein, sobald das Baby schläft. Sie müssen sich diese gemeinsame Zeit aber bewusst nehmen. Warten Sie nicht darauf, dass alles irgendwann besser wird und Sie als Paar wieder mehr Zeit füreinander haben. Diese Zeit wird nicht kommen!

Auch Papas können füttern, wickeln und ihr Baby zum Lachen bringen (Foto: Thinkstock)
Auch Papas können füttern, wickeln und ihr Baby zum Lachen bringen (Foto: Thinkstock)

4. Ein Paar das sich vorher so gut wie nie gestritten hat, kommt plötzlich an seine Grenzen: Schlafmangel, große Verantwortung für das Baby, unterschiedliche Erziehungsansichten — all das ist eine explosive Mischung! Wie sollten junge Eltern mit diesen Konflikten und Emotionen umgehen?

Michaela Sauer: Vermehrte Konflikte sind tatsächlich eine der Veränderungen die ein Paar ganz sicher spüren wird, denn die Konflikthäufigkeit nimmt um 20 bis 30 Prozent zu.

Es gibt nicht nur mehr Gründe, die einen Konflikt auslösen, auch der Schlafmangel führt dazu, dass man schneller etwas in den „falschen Hals" bekommt. Gerade wenn es um Themen der Erziehung geht, ist die Kompromissbereitschaft bei Eltern fast bei null. Im Streit wird dann mit allen Mitteln darum gekämpft, dass einer seine Ansicht durchsetzt.

Sie müssen sich als Eltern Ihren Konflikten stellen! Gut ausgetragene Streitigkeiten sind eine Grundvoraussetzung für eine funktionierende Beziehung. Jede Auseinandersetzung, die nicht gelöst werden konnte, steht zwischen Ihnen als Paar. Und wenn irgendwann zu viel zwischen Ihnen steht, haben Sie sich schon weit voneinander entfernt.

Wenn Sie nicht über ihre Schwierigkeiten sprechen können, sollten Sie darüber nachdenken, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Denn nur Eltern, die ein gutes Konfliktverhalten gelernt haben, werden als glückliches Paar Eltern sein.

5. Was würden Sie einem zukünftigen Elternpaar raten? Auf was sollen sie sich einstellen?

Michaela Sauer: Stellen Sie sich auf gar nichts ein! Lassen Sie einfach zu, dass Ihr Leben sich verändern wird. Lassen Sie sich überraschen! Niemand kann Ihnen sagen, wie Ihr neues Leben tatsächlich sein wird. Es sollte Ihnen aber auch bewusst sein, dass sich nicht nur Ihr Leben verändert; auch Sie selbst werden sich verändern.

Sie sollten sich nach der Geburt Ihres Babys unbedingt gegenseitig eine gewisse Zeit zugestehen, in der Sie zu „Eltern werden". Das kann nicht von heute auf morgen passieren!

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6. Wie lange dauert es, bis sich ein Paar als „Familie" versteht, so fühlt und handelt und der Alltag im Großen und Ganzen rund läuft?

Michaela Sauer: In den ersten Wochen hat das Paar oft ganz wenig Zeit für sich als Familie. Verwandten, Freunde, Arbeitskollegen - alle wollen das Baby sehen. Das ist eine sehr aufregende Zeit, die wenig Normalität zulässt.

Diese aufregende Anfangszeit ist nach etwa drei Monaten vorbei. Erst jetzt kann das Paar beginnen, sich als Familie zu finden und das Familienleben zu gestalten.

Wenn das Baby etwa sechs Monate alt ist, haben sich die meisten Familien arrangiert und der Alltag läuft rund.

Aber eines müssen sich alle Paare, die Eltern werden oder sind, klar machen: Kinder entwickeln sich ständig weiter, sie werden größer und verändern sich und diese veränderte Situation stellt Eltern immer wieder vor neue Aufgaben. Deshalb müssen sich auch Mama und Papa immer weiter entwickeln und versuchen neue, aufregende, aber manchmal auch anstrengende Phasen gemeinsam zu meistern.