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Von Anfang an ein Mathe-Ass

Schwierig, undurchschaubar und einfach blöd: Für viele Kinder ist Mathe das Hass-Fach Nummer eins in der Schule. Und Zuhause? Die Eltern machen Stress und erzwingen zusätzliches Pauken. Spaß am Rechnen sieht anders aus!

Dabei trifft die meisten Schüler keine Schuld. Ihnen fehlt das mathematische Grundverständnis, das in der Schule vorausgesetzt wird. Wer es nicht hat, wird Mathe nie verstehen und immer schlechte Noten schreiben, davon ist Dr. Miriam Stiehler überzeugt. Die Elternberaterin im Bereich Lernschwierigkeiten setzt sich deshalb dafür ein, dass bereits Kindergartenkinder den nötigen mathematischen Grundstock erlangen.

Mit der richtigen Förderung macht Mathe Spaß (Foto: Thinkstock)
Mit der richtigen Förderung macht Mathe Spaß (Foto: Thinkstock)


Eltern dürfen „Mathe-Abneigung" nicht vermitteln

Schon vor dem Schulstart interessieren sich Kinder für die Grundzüge des Rechnens und machen erste Erfahrungen mit Mengen und Zahlen. Wie gut der Start in den Matheunterricht gelingt, hängt entscheidend von diesem Fundament ab. Denn: Schon im Kindergartenalter wird die Basis für das mathematische Denken gelegt.

Leider haben viele Eltern und Pädagogen selbst eine gewisse Scheu vor der Mathematik und kommen gar nicht auf die Idee, Kinder könnten von sich aus Spaß an Zahlen haben. Diese Erfahrung macht Dr. Stiehler immer wieder in der Beratung und Lehrerfortbildung: „Erwachsene vermitteln Kindern oft den Eindruck, Mathematik sei eine lästige Angelegenheit, die wir ihnen durch spielerische Verpackung erst erträglich machen müssten. `Du armes Kind musst rechnen lernen´ ist dann die unterschwellige Botschaft."

So kann keine Freude am Rechnen aufkommen. Die Expertin rät deshalb: „Staunen Sie gemeinsam mit Kindern über die unsichtbare Welt der Mathematik! Zum Beispiel hat keine Kultusministerkonferenz die geraden und ungeraden Zahlen oder die Primzahlen festgelegt, sondern sie existieren einfach, wie die Sterne am Himmel. Wir dürfen diese Welten erforschen und das ist unheimlich spannend! Mit Ihrer eigenen Begeisterung stecken Sie Ihr Kind an - solides Wissen vorausgesetzt!"

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Mit Legosteinen rechnen lernen
Die Elternberaterin aus Aying bei München plädiert deshalb dafür: Bei der „spielerischen" Förderung von Vorschul- und Grundschulkindern müssen vor allem die unsichtbaren mathematischen Strukturen erlebbar gemacht und logische Zusammenhänge kindgemäß verdeutlicht werden.

Zu viel „Drumherum" verschleiert das Wesentliche nur. Wichtig ist dabei, dass Erzieher und Eltern wissen, welche Denkprozesse und Begriffe ein Kind beherrschen muss, um Rechnen zu lernen. Erst dann kann man sich ein sinnvolles Spiel überlegen.

Um möglichst einfach, aber effektiv das mathematische Verständnis von Kindern zu fördern, hat Miriam Stiehler ein eigenes Konzept entwickelt. „Mit Legosteinen Rechnen lernen" (Verlag Vandenhoeck & Ruprecht) heißt ihr bald in erweiterter Zweitauflage erhältliches Buch.

Es verdeutlicht, wie Eltern und Erzieher bei Kindern vom Kindergartenalter bis zur dritten Grundschulklasse anhand von Legosteinen das entscheidende mathematische Grundgerüst aufbauen können. Das Konzept wird mittlerweile an Schulen und Kindergärten in ganz Deutschland angewendet.

Für Yahoo! Lifestyle fasst Dr. Miriam Stiehler die wichtigsten Punkte für Vorschüler zusammen und verrät, was Kinder vor der Einschulung können müssen, damit Rechnen von Anfang an Spaß macht.

Das sollte Ihr Kind vor der Einschulung können:

1. Raumverhältnisse begreifen
„Räumliche Orientierung kann man nicht allein durch Bewegung erwerben. Erst wenn die nötigen Begriffe im Denken hinzukommen, hat Ihr Kind wirklich verstanden, was es tut. Ob das der Fall ist, zeigt uns die Sprache.

Wenn ein Kind den Unterschied zwischen `neben´ und `bei´, `gegenüber´ und `vor´, `hinter´ und `nach´ wirklich verstanden hat, dann kann es diese Begriffe auch richtig verwenden. Das lernen Kinder nur von Erwachsenen, die auf sorgfältigen sprachlichen Ausdruck Wert legen.

Achten Sie darauf, wie Ihr Kind sich im Alltag ausdrückt und nutzen Sie alltägliche Situationen, um treffende Begriffe zu üben: „Das Auto steht gegenüber von unserem Haus, das Fahrrad steht vor der Haustür…" Kinder, die Sachverhalte genau beschreiben können, haben sie auch verstanden.

Deshalb ist es für das spätere Rechnen wichtig: In der Schule werden die Raumbezeichnungen auf vielfältige Weise verwendet und es wird vorausgesetzt, dass Ihr Kind sie genau versteht - und zwar nicht erst in der Geometrie: Die Lese- und Rechenrichtung ist „von links nach rechts".

Wenn die Lehrerin sagt „Fange vorne in der Zeile an", dann meint sie links — und zwar links auf der linken oder der rechten Heftseite, also mal am Rand und mal in der Mitte des aufgeschlagenen Heftes. Verwirrend? Ja, wenn man nicht sicher genug ist, um die Verwendung des Wortes „vorn" zu verstehen.

Noch komplizierter ist es am Zahlenstrahl: Dann muss Ihr Kind sicher wissen: Welche Zahl kommt vor der „3", welche kommt danach; es muss wissen: Vor der „3" wird es weniger, hinter der „3" wird es mehr, und es muss geistig in der Lage sein, von der „3" aus sozusagen in beide Richtungen zu schauen, die „2" und die „4" dort zu entdecken und wieder zur „3" zurückzukehren, ohne die Orientierung zu verlieren.

So können Sie üben: Geben Sie Ihrem Kind kleine Aufgaben im Alltag, z.B. beim Tisch decken: „Lege das Messer rechts neben den Teller, die Gabel links." Oder üben Sie mit Legosteinen: „Lege links neben jeden roten Stein einen gelben…"

Noch schwieriger wird es, wenn Sie auf eine Legoplatte z.B. links eine Kuh und eine rote Blume, in der Mitte einen Zaun und auf der anderen Seite eine gelbe Blume und ein Schaf aufbauen. Ihr Kind muss jetzt genau beschreiben: „Die Kuh steht dem Schaf gegenüber, das Schaf steht hinter der gelben Blume…"

So lernt Ihr Kind Raumverhältnisse zu begreifen (Foto: M. Stiehler)
So lernt Ihr Kind Raumverhältnisse zu begreifen (Foto: M. Stiehler)

2. Perspektiven miteinander vergleichen
Um Aufgaben am Zahlenstrahl zu lösen, aber auch, um zu verstehen, dass „größer" und „mehr" nicht dasselbe ist, muss Ihr Kind in der Lage sein, in seiner Vorstellung andere Standpunkte einzunehmen und deren Perspektiven miteinander zu vergleichen. Das können Kinder frühestens mit etwa vier Jahren.

Deshalb ist es für das spätere Rechnen wichtig: Wenn ein Kind nicht in der Lage ist, Perspektiven miteinander zu vergleichen, kann es keinen sicheren Mengenbegriff erwerben und nicht verstehen, dass sich im Dezimalsystem die Bedeutung von ein und derselben Ziffer mit ihrer Position ändert: Eine „1", die rechts in einer Zahl für sich alleine steht, bedeutet die Zahl „1". Steht dieselbe Ziffer drei Stellen weiter links und hat rechts von sich noch eine „2" und eine „3", bedeutet die „1" auf einmal „1 Hunderter" innerhalb der Zahl „123".

So können Sie üben: Bauen Sie in der Mitte einer Legoplatte eine Mauer, stellen Sie auf die eine Seite z.B. einen Zaun und eine Kuh, auf die andere Seite der Mauer einen Baum und eine Blume. Jetzt lassen Sie ein Legomännchen wandern. Was sieht das Legomännchen? Ihr Kind muss jetzt begreifen, dass das Männchen nicht über die Mauer gucken und deshalb nicht alles sehen kann.

Ihr Kind muss Perspektiven miteinander vergleichen können (Foto: M. Stiehler)
Ihr Kind muss Perspektiven miteinander vergleichen können (Foto: M. Stiehler)

3. Mengen erkennen
Viele Eltern glauben, ihr Kind hätte einen sicheren Mengenbegriff erworben, sobald es die Treppenstufen im Hausflur abzählen kann. Zu einem sicheren Verständnis von Mengen gehört aber mehr als die Fähigkeit, jeder Treppenstufe eine Zahl zuzuordnen.

Ihr Vorschulkind muss außerdem Mengen ohne Abzählen erfassen können und verstanden haben, dass die Menge als Eigenschaft unabhängig von anderen Eigenschaften (z.B. Größe oder Farbe) ist. Nur dann ist es so sicher, dass es den Kopf frei hat für die eigentlichen Rechenvorgänge in der Schule.

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Das hilft Kindern Mengen besser zu begreifen:

1. Die „1:1"-Zuordnung
Beim Abzählen ordnen wir jedem Element einer Menge genau ein Wort zu: „Eins, zwei, drei". Das können auch Kinder, die auf jeder Treppenstufe das richtige Zahlwort sagen. Wenn sie allerdings schneller sprechen als sie laufen, sagen sie auf der fünften Treppenstufe vielleicht schon „sieben" und haben sich „verzählt". Nur, wer einem Element genau ein Zahlwort zuordnen kann, verzählt sich nicht.

So können Sie üben: Vor Ihrem Kind liegen 15 rote und 15 blaue Legosteine. Ihr Kind muss jetzt jedem roten einen blauen Legostein zuordnen. Oder jedem Ritter ein Schwert, jeder Kuh eine Blume...

2. Mengen als Gesamtheit verstehen
Ihr Kind muss ohne Abzuzählen eine Menge auf einen Blick erfassen können (Simultanerfassung) und es muss verstehen, dass diese Menge unabhängig von anderen Eigenschaften ist (Invarianz). Es ist wichtig, das Abzählen bis zur Einschulung zu überwinden. Ihr Kind sollte Mengen bis fünf auf einen Blick schnell und zuverlässig erkennen.

So können Sie üben: Sie legen vier weiße Legosteine verdeckt unter der Hand oder einem Tuch auf den Tisch. Wenn Sie die Hand wegnehmen, muss Ihr Kind ohne zu zählen erkennen „Es sind vier Legosteine". Jetzt schieben Sie die Steine weiter auseinander und fragen Ihr Kind, was sich verändert hat: „Es sind immer noch vier Steine, sie liegen nur weiter auseinander!"

Wenn Ihr Kind das erklären kann, hat es das auch verstanden. Jetzt können Sie noch Farbe und Größe der Steine variieren, die Anzahl der vier Legosteine aber belassen. Auch jetzt muss Ihr Kind verstehen, es sind immer noch vier Steine, obwohl sich andere Eigenschaften verändert haben.

Es sind immer vier Legosteine unabhängig von Größe, Farbe und räumlicher Ausdehnung (Foto: M. Stiehler)
Es sind immer vier Legosteine unabhängig von Größe, Farbe und räumlicher Ausdehnung (Foto: M. Stiehler)

3. Ziffern benennen
Ihr Kind sollte vor dem Schulstart die Ziffern 1 bis 9 benennen und diese Ziffern den richtigen Mengen zuordnen können. Die meisten Vorschulkinder können noch nicht alle Ziffern ganz richtig schreiben, aber wer hier bereits sicher ist, spart sich später Arbeit.

Im Lauf der ersten Klasse sollten alle Kinder den Unterschied zwischen Ziffer und Zahl verstehen lernen. Ein Grundschüler muss wissen, dass z.B. die Zahl „14" aus den Ziffern „1" und „4" besteht, so wie das Wort „Mama" aus den Buchstaben „M" und „a".

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Dr. Miriam Stiehler ist sich sicher: „Wenn Kinder diese Grundkenntnisse beherrschen und von Erwachsenen begleitet werden, die logisch mitdenken, dann erleben sie den Einstieg in die Mathematik nicht als Horrortrip, sondern als Expedition in eine einzigartige Welt."

Mehr Informationen über unsere Expertin und Ihr Konzept finden Sie unter www.wissenschaffer.de.