Kinderängste – So reagieren sie richtig

Trennungsängste, Furcht vor Monstern unterm Bett oder Angst davor, die Eltern zu verlieren: Kinder haben viele Ängste und können sich mit reichlich Fantasie in verschiedene Situationen regelrecht hineinsteigern. Dabei gehören Ängste zur gesunden Entwicklung eines Kindes dazu. Trotzdem ist es für Eltern wichtig, richtig darauf zu reagieren.

Angst gehört zur Entwicklung eines Kindes (Bild: thinkstock)
Angst gehört zur Entwicklung eines Kindes (Bild: thinkstock)

Angst gehört zum Leben
Angst ist ein ganz wichtiges Warnsystem. Sie soll uns ein Leben lang vor Situationen warnen, die für unseren Körper, unsere Seele aber auch unser soziales System bedrohlich sein können. Angst tritt speziell dann auf, wenn Situationen neu und hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit nicht eindeutig einzuschätzen sind. Das ist auch der Grund, weshalb gerade Kinder oft Angst haben: Viel Neues, Unbekanntes und noch nicht Erlebtes löst beim Nachwuchs Unbehagen aus. Auch wenn es für Eltern nicht immer leicht ist, mit diesen Gefühlen umzugehen: Ängste und deren Überwindung stellen wichtige Herausforderungen für Kinder dar. Sie lernen ihre eigenen Kräfte und Bewältigungsmöglichkeiten kennen und damit wächst ihr Selbstbewusstsein.

Trotzköpfchen: So verhalten Sie sich richtig

Typische Angstsituationen und Tipps für Eltern von Psychologin und Physiotherapeutin Dr. Monika Specht-Tomann:

1. Trennungsangst: Die dreijährige Sina kann sich nicht von der Mutter lösen. Jeden Morgen im Kindergarten gibt es bittere Tränen.

Dr. Monika Specht-Tomann: „Die Mutter sollte gemeinsam mit Sina ein kleines Abschiedsritual entwickeln, z.B. einen Extra-Kuss in die linke Hand oder gemeinsam einen Spruch sprechen. Auch ein geliebtes Kuscheltier kann die Trennung erleichtern. Erst dann soll die Mutter Sina der Erzieherin übergeben und sofort gehen. Jedes Zögern, jeder zusätzliche Kuss macht es für Sina noch schwerer."

2. Angst vor der Dunkelheit: Der vierjährige Leon kann nur bei Licht einschlafen. Sobald er aufwacht und es ist dunkel, schreit er panisch.

Dr. Monika Specht-Tomann: „Als Erstreaktion, wenn Leon schreiend aufwacht, sollten die Eltern ihn in den Arm nehmen und trösten. Für die Zukunft sollten sie ihm ein gedämpftes Nachtlicht gewähren, dass sie während der ganzen Nacht brennen lassen. Die Eltern sollten wissen, dass die Dunkelheit für Kinder unheimlich ist, weil sie das Ende des Tages und damit die Trennung von vertrauten Menschen mit sich bringt."

3. Angst vor wilden Tieren im Schrank: Der Dreieinhalb jährige Julian kann nicht alleine einschlafen. Er ist überzeugt, im Schrank lauern wilde Tiere. Alles Gute Zureden hilft nicht. Sobald die Mutter aus dem Zimmer geht, kommt Julian hinterher. Er bleibt nicht allein in seinem Bett.

Dr. Monika Specht-Tomann: Wichtig ist, dass die Eltern Julian ernst nehmen. Es sind seine eigenen Fantasiegestalten, die ihm in der Nacht zu schaffen machen! Das kann man nicht mit einem `So ein Quatsch´ abtun. Die Eltern sollten Julian die Möglichkeit geben, selbst etwas zu erfinden, was die Tiere zum Schlafen bringen könnte. Vielleicht kann er ein kleines Ritual entwickeln, z.B. den Tieren ein Schlaflied singen oder eine Zeichnung unters Bett legen, damit sie ihn nachts in Ruhe lassen."

4. Angst, nicht mehr geliebt zu werden: Der fünfjährige Max hat eine kleine Schwester bekommen. Jetzt hat er Angst, dass Mama und Papa ihn nicht mehr lieb haben. Er ist traurig und zieht sich zurück.

Dr. Monika Specht-Tomann: „Bei Max erwacht die Sehnsucht, mit der geliebten Mutter wieder so eins zu sein, wie er das selbst als Baby erlebt hat. Die schon überwundenen Trennungsängste tauchen wieder auf. Er möchte Mama und Papa für sich alleine — teilen tut weh! Die Eltern können Max in die Pflege des Babys einbeziehen und ihm somit das Gefühl vermitteln, für seine kleine Schwester wichtig zu sein. Außerdem ist es sinnvoll, dass sich die Eltern abwechselnd nur für ihn Zeit nehmen. Die Eltern sollten ihm viel Liebe, Nähe und Geborgenheit schenken und seine Sozialkontakte unterstützen, in dem sie seine Kindergartenfreunde einladen."

5. Angst, die Eltern zu verlieren: Die Oma der siebenjährigen Kathrin ist kürzlich gestorben. Seitdem hat Kathrin Angst, ihre Eltern zu verlieren. Jedes Mal wenn Mama oder Papa ohne sie weg wollen, klammert sie sich an sie und will sie nicht gehen lassen.

Dr. Monika Specht-Tomann: „In ihrem Alter ist Kathrin bereits in der Lage zu verstehen, dass der Tod eine endgültige Trennung bedeutet. Bereits überwundene Verlustängste werden bei Kathrin neu belebt. Die Eltern sollten mit Kathrin über den Tod der Oma sprechen: Wie ist es passiert? Warum? Wie war das letze Treffen? Die Eltern sollten außerdem Verständnis für Kathrins Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit aufbringen und ihr immer klar sagen, warum Mama oder Papa weg sind, wo sie sein werden und wann sie wiederkommen."

Dr. Monika Specht-Tomann ist Psychologin und Physiotherapeutin in Graz/Österreich und Autorin zahlreicher Bücher, u.a. „Wenn Kinder Angst haben: Wie wir helfen können" (Patmos Verlag).

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